Führungskräfte überfordern sich beim Sport selbst. | Stressabbau will richtig geplant sein. | Wien. Stark beanspruchte Leistungsträger bejahen zwar unisono die Notwendigkeit einer intelligent gestalteten Auszeitkultur. Es fällt ihnen aber oft schwer, unter den entsprechenden Angeboten zielführend zu wählen.
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Manager Peter Lanegger (Name geändert) etwa, der sich, wie so manche Führungskraft, beim Sport regelmäßig zu viel zumutet, ist fassungslos. In bester Absicht hat er sich vor drei Monaten ein Sportprogramm auferlegt, um die tägliche Stressbelastung in der Arbeit zu kompensieren. Nun sitzt er beim Arzt und muss sich anhören, dass genau das Gegenteil eingetreten ist. Der Unternehmensberater ist mit bestem Gewissen seiner Gesundheit "davon gelaufen". Er hat seinen Körper bis zur Erschöpfung überlastet.
Subjektives, positives Gefühl täuscht oft
Sportwissenschafter beobachten schon seit den Anfängen der Fitnesswelle in den 80er Jahren, dass Freizeitsportler sich mangels besseren Wissens häufig überfordern. Irreführend: Nach der Tortur fühlt sich der Sportler, wie auch Lanegger, subjektiv wohl, während eine Belastungsdiagnose durch einen Arzt den Spaß schnell als gesundheitsschädigend enttarnt. Besonders gerne überfordern sich leistungsorientierte Menschen, also vor allem Spitzenkräfte. So auch der Berater: Nachdem er infolge seiner hohen Arbeitsbelastung Schlaflosigkeit, Gereiztheit und Konzentrationsschwächen bei sich bemerkt hatte, sprang er zur Stressbekämpfung dreimal wöchentlich quasi vom Schreibtisch in die Laufschuhe und absolvierte verbissen 50minütige Laufeinheiten. Mittlerweile, nach einer Umstellung seiner Trainingsgewohnheiten auf ein körperlich verträgliches Maß, geht es Lanegger sehr gut. Der Sport erfüllt nach einem harten Arbeitstag seine kompensierende Funktion. Daraus hat der Berater für sich den Schluss gezogen, künftig das Auszeitmanagement ebenso professionell zu betreiben wie seinen Job.
Für den Unternehmer Reinhard Dehner (Name geändert) stellte sich die Auszeitfrage in ganz anderer Form. Obwohl sein Maschinenbaubetrieb wirtschaftlich gut da stand, plagte den 54-jährigen schon seit geraumer Zeit eine latente Unzufriedenheit.
Unterschied zwischen Ist und Soll ausgleichen
Nachdem er seine Meinung revidiert hatte, dass ein erfolgreicher Mann wie er seine Probleme alleine lösen müsse, konsultierte er einen Berater, um mit dessen Unterstützung Klarheit zu finden. In den folgenden Urlaub nahm Dehner daraus wichtige Anregungen mit. Aber vor allem die Bearbeitung einer speziellen Aufgabe brachte ihn weiter: "Schreiben Sie Ihren eigenen Nachruf. So, wie Sie möchten, dass ein Freund diesen nach ihrem Ableben hält." Es fiel Dehner nicht ganz leicht, sich diesen skurril anmutenden Auftrag zu eigen zu machen. Doch die "Rendite" dieser Arbeit zeigte sich, als der Unternehmer und sein Berater den Soll-Wert (Nachruf) und den Ist-Wert (sein Leben heute) verglichen und erste Ideen und Umsetzungsschritte entwickelten, wie er das, was sein Wunschbild war, in die Realität umzusetzen könnte. Das Ergebnis des anschließenden, mehrmonatigen Prozesses, so sagt er heute, markierte einen der wichtigsten Wendepunkte im Leben.
Thomas Hübner ist Unternehmensberater und Trainer.