Gesamtes Netz soll zur Bilanz-Rettung an Asfinag übergehen. | Faymann kann Lobau-Autobahn derzeit nicht garantieren. | Zehn Prozent Einsparung allein durch zielsichere Planung. | "Wiener Zeitung": Herr Minister, Sie haben angekündigt, dass Sie nur noch jene Projekte versprechen, die auch wirklich umsetzbar sind. Können Sie den Wienern die Lobau-Autobahn definitiv versprechen? | Werner Faymann: Es wird bis Ende März zwei Pläne für die nächsten Jahre zu verlautbaren geben: Das eine ist der neue Rahmenplan der ÖBB, der bis 2014 reichen soll. Das andere ist der Prioritätenkatalog Straße - da werden jene Projekte genau gereiht, die auch wirklich finanzierbar sind. Insgesamt wird es etwas mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr für die Straße geben und mehr als 1,5 Milliarden für die Schiene. Das sind letztlich 10 Milliarden Euro bis zum Jahr 2010.
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Betreffend Lobau gibt es also weder eine Entscheidung noch einen fixen Fahrplan?
Natürlich wäre mir ein konkreter Fahrplan lieber. Beim Lobau-Tunnel gibt es durch die Probebohrungen aber noch Vorlaufarbeiten. Die Bauzeit festzulegen, solange man eine Planung nicht fertig hat, wäre der verkehrte Ablauf. Daher ist das beim Lobau-Tunnel ebenso wie beim Semmering-Tunnel nicht zu hundert Prozent eingrenzbar.
Würden Sie sagen, man könnte die Lobau-Autobahn um jeden Preis bauen?
Das ist zu früh. Dazu sage ich Ende März etwas.
Der gesamte Umfahrungsring um Wien mit allen Projekten würde rund vier Milliarden Euro kosten. Verkehrsexperten meinen, dass dadurch das gesamte Asfinag-Budget gesprengt würde.
Ich weiß, was ich zur Verfügung habe. Jetzt werden die Projekte geschichtet. Würde ich jetzt dazu etwas sagen, wäre der Umkehrschluss, dass sich alle anderen Projekte verschieben würden.
Aber mit dem zur Verfügung stehenden Jahresbudget der Asfinag könnte - so Experten - der Ring um Wien nur realisiert werden, wenn zugleich in den Bundesländern nichts parallel gebaut wird.
Es ist undenkbar, dass nur noch im Raum Wien gebaut wird.
Gibt es eine Alternativ-Strecke zur Lobau?
Das hat Bürgermeister Michael Häupl immer ausgeschlossen. Da ist keine Verrückung möglich.
Durch die angekündigte Erhöhung von Lkw-Maut und Mineralölsteuer soll mehr Geld lukriert werden. Werden diese Mehr-Einnahmen auch zweckgebunden?
In Summe sollen dadurch jährlich 220 bis 230 Millionen Euro hereinkommen. Prinzipiell habe ich das für die Asfinag vorgesehen. Weiters soll die Vignette ab dem nächsten Jahr - und nicht rückwirkend - nach dem Verbraucherpreisindex jährlich erhöht werden. Also handelt es sich um eine sanfte Verteuerung.
Durch neue Kriterien bekommt die Asfinag ein großes Bilanz-Problem. Wie könnte das Autobahn- und Schnellstraßennetz an die Asfinag übertragen werden?
Jetzt handelt es sich um einen Fruchtgenuss (dadurch kann die Asfinag Maut einheben, Anm.) . Künftig soll es ein Eigentum sein. Diskutiert wird mit dem Finanzministerium derzeit, ob man für diese Übertragung eine Ablöse zahlen muss. Unsere Position - und jene der Asfinag - ist, dass man praktisch nichts zahlen muss.
Wie macht man das - um einen symbolischen Euro?
Ja, um einen symbolischen Euro. Wir erstellen momentan eine Argumentationsthese, warum wir hier Recht haben.
Wann könnte die Übertragung über die Bühne gehen?
Derzeit laufen die Gespräche. Weil die neuen Bilanz-Richtlinien im heurigen Jahr umgestellt werden, hat man dafür ein paar Monate Zeit. Es gibt keine Eile. Die Asfinag-Manager sagen, dass die Schulden in den nächsten Jahren von 10 auf 15 Milliarden explodieren würden. Wären Sie für dieses Schuldenmachen zu haben?
Die Asfinag sagt das aber nicht so dramatisch! Wenn man sich mehr als eine Milliarde an Investitionen setzt und die Straßen ins Eigentum überträgt, verbessert sich die Bilanz. Und es gilt, dass der Bund haftet. Es bleibt uns auf Dauer aber nicht erspart, dass entweder der Staat weiter zuschießt oder neue Einnahmen erschlossen werden. Klar ist natürlich, dass man hier kein Kunststück herbeizaubern kann.
Es gibt Gerüchte, dass Asfinag-Vorstand und Ex-FPÖ-Chef Mathias Reichhold auf Ihrer Abschussliste steht.
Ich habe nicht vor, in der Asfinag-Führungsriege irgendwelche Manöver zu machen. Ich habe nicht das Gefühl, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Was passieren wird, ist eine personelle Verschränkung des Aufsichtsrats von ÖBB und Asfinag. Wie könnte eine konkrete Zusammenarbeit von ÖBB und Asfinag aussehen?
Die Synergien von Straße und Schiene sollen noch stärker genutzt werden. Nachgedacht wird auch über gemeinsame Planungen und gemeinsame Finanzierungen.
Soll da eine neue Koordinationsstelle für Infrastrukturausgaben geschaffen werden, um das abzustimmen?
Der erste Schritt ist eine Analyse, wo es Gemeinsamkeiten gibt. Dann stellt sich die Frage, ob die Gemeinsamkeiten so groß sind, dass man zusammen auf dem Markt auftreten kann.
Wie hoch schätzen Sie dadurch die Kostenersparnis, etwa bei Bauaufträgen, ein?
Das ist sicher ein Punkt. Aber die viel größere Kostenersparnis von zehn Prozent, die im Regierungsabkommen festgelegt ist, ergibt sich dadurch, dass Ausschreibung, Planung und Ausführung verlässlicher zusammen gebracht werden. Je öfter ich in der Planung das Steuer herumreiße, je mehr ich von der Ausschreibung bei der Verwirklichung abweiche, desto mehr geht der Preis nach oben. Wenn man hier verlässlicher plant, kann man zehn Prozent einsparen. Ho-Ruck-Aktionen sind das Teuerste vom Teuersten.
Die Infrastruktur-Planung muss also noch langfristiger werden?
Genau. Aber das ist natürlich für die Politik schwierig, weil die wichtigsten Projekte über den Wahltag hinausgehen.
Das hieße ja, die Legislaturperiode nicht von vier auf fünf, sondern gleich auf zehn Jahre zu erhöhen?(lacht) Nein, das geht natürlich nicht. Man muss längerfristige Vorhaben nur mit Gewissenhaftigkeit ausführen. Würde ich alle Pläne meiner fünf Vorgänger in die Tat umsetzen, dann müsste ich in der nächsten Periode die Investitionen mehr als verdoppeln. Und das ist nicht seriös.
Sind nicht einfach zu viele Projekte angedacht?
Zu viel ist nichts Schlechtes, wenn es sinnvoll ist. Es ist eine Frage der Redlichkeit, dass man mit den Ländern einen Plan findet, wo man sich nicht auf Abenteuer einlässt, die in der nächsten Legislaturperiode niemand erfüllen könnte.
Zu den ÖBB: Im Regierungsübereinkommen steht, dass eine weitere Flexibilisierung beim Dienstrecht evaluiert wird. Was heißt das für Sie?
Das heißt, dass abseits von Gesprächen von Unternehmensführung und Gewerkschaft von mir sicher keine Zurufe passieren. Ich höre vom Management nur, dass die ÖBB mit dem Dienstrecht schon sehr flexibel geworden sind.
Wo sehen Sie bei den ÖBB den größten Reformbedarf bei der Kunden-Orientierung?
Pünktlichkeit. Das Zweite ist Schnelligkeit - das macht konkurrenzfähig. Sowohl auf der Südals auch auf der Westbahn. Und das Dritte ist ein gewisser Komfort - Stichwort Speisewagen oder saubere Bahnhöfe.
Tempo 100 auf Autobahnen wollen Sie möglichst rasch wieder abschaffen.
Immer dann, wenn die Luft-Grenzwerte überschritten sind, soll die Geschwindigkeit reduziert werden - und nicht mehr generell. Dafür muss das Telematik-System auf den Autobahnen ausgebaut werden. Ich rechne damit, dass das noch heuer in Tirol gelingt. Auch die Strecke in Oberösterreich soll noch heuer angegangen werden.
Wie sieht es aus mit dem flächendeckenden Tempo 50 in Wien - wollen Sie da auch Mitsprache?
Nein, danke! Ich bin mit den Autobahn-Geschwindigkeiten im Moment voll ausgelastet.
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