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Autoland

Von Ralf Beste

Gastkommentare
Ralf Beste ist seit September 2019 deutscher Botschafter in Österreich. Davor war der studierte Historiker als Journalist tätig, unter anderem für die "Berliner Zeitung" und den "Spiegel".
© Deutsche Botschaft Wien

In Österreich ist die Automobilwirtschaft wichtiger, als man denkt - und in Deutschland der Tourismus.


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In den Diskussionen über den furchtbaren wirtschaftlichen Effekt der Corona-Pandemie haben mir viele Österreicher mit einem Beispiel zu helfen versucht. Dass Land und Leute so massiv unter der Einschränkung des Skifahrens litten, könne ich als Deutscher vielleicht besser mit einem Vergleich verstehen: Der Tourismus sei für Österreich ungefähr so wichtig wie für Deutschland die Automobilwirtschaft - und wenn die abgeschaltet würde, wären die Wirkungen für Deutschland auch verheerend.

Das ist in der Tat ein Vergleich, der mich zum Nachdenken brachte. Und da ich leider die vergangenen Tage nicht mit Skifahren verbringen konnte, habe ich ein bisschen unsere wirtschaftlichen Abhängigkeiten erkundet. Ich will Sie nicht mit Prozentpunkten langweilen, aber eines ist offensichtlich: Der Anteil des österreichischen Tourismus an der Gesamtwirtschaft ist sogar noch höher als derjenige der deutschen Autoindustrie an unserer Wirtschaft, sehr beeindruckend.

Überraschender war aber ein anderer Befund: Auch die Abhängigkeit des österreichischen Wohlstands vom Automobil ist erstaunlich hoch - und zwar ungefähr genauso wie in Deutschland. In beiden Ländern trägt die Automobilindustrie fast 5 Prozent zur gesamten Wertschöpfung bei. Wer bisher Deutschland für das Autoland an sich hielt (und Österreich nicht so sehr), stellt sich nun zwei Fragen: Wieso ist die Abhängigkeit in Deutschland nicht größer - und wieso ist sie in Österreich so hoch?

In Deutschland, so die Statistiken, ist die Autobranche zwar der größte Industriezweig, aber auch die Chemie-, Elektro- und Maschinenbauindustrien spielen eine große Rolle. Und Österreich? Zwar sind die Marken Audi und Porsche, Opel, Mercedes und BMW mit Deutschland verbunden - aber ohne Firmen wie Magna oder AVL List, ohne BMW Steyr und zahlreiche Mittelständler würden viele "deutsche" Autos nicht ins Rollen kommen. Österreich ist in stärkerem Maße Autoland, als es vielleicht manchen bewusst ist; und auch in der Automobilwirtschaft sind wir engstens verflochten.

Übrigens hat sich bei meinen Recherchen eine weitere Erkenntnis eingestellt, die mich überrascht hat: Deutschlands Tourismuswirtschaft ist wichtiger, als man in Österreich vielleicht denkt. Immerhin drei Millionen Arbeitsplätze hängen bei uns am Fremdenverkehr. Auch in Deutschland hofft man, dass Urlaubsreisen bald wieder möglich sein werden. Es muss nicht mal unbedingt mit dem Auto sein.