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Wien fasste den finalen Beschluss für ein Verbot des kleinen Glücksspiels.
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Wien. Nach Vorarlberg, Tirol und Salzburg hat Wien am Donnerstag das Verbot des kleinen Glücksspiels mit einem eigenen Gesetz zementiert. Damit bleibt der einarmige Bandit außerhalb von Casinos nur noch in Niederösterreich, dem Burgenland, in der Steiermark, in Kärnten und in Oberösterreich erlaubt. Das Gesetz der rot-grünen Stadt-Regierung besagt, dass es ab 1. 1. 2015 nicht mehr möglich ist, neue Konzessionen zu beantragen und Automaten aufzustellen. Die 2500 Automaten, die bereits eine Konzession haben, verlieren nach Jahreswechsel die Rechtsgrundlage und werden illegal.
Verbot kostet Stadt 45 Millionen Euro
Im Wiener Jahresbudget wurde dem Ende des kleinen Glücksspiels bereits Rechnung getragen. Unter dem Posten Lustbarkeitsabgaben sind nach 55 Millionen im Jahr 2014 nur noch zehn Millionen Euro budgetiert. Das Minus umfasst im Wesentlichen die Glücksspielabgaben der Automatenbetreiber an die Stadt Wien, die künftig wegfallen.
SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl und seine Stadträte waren unter anderem wegen dieser Einnahmen für das Stadtbudget gegen ein Verbot. Doch am Landesparteitag 2011 überzeugte die SPÖ-Splittergruppe "Sektion 8" (siehe Interview mit Niki Kowall) in einer putschartigen Aktion die Parteibasis davon – und diese stimmte gegen die Parteigranden mit über 50 Prozent dafür. Am SPÖ Bundesparteitag im Jahr darauf stimmten dann bereits mehr als90 Prozent der Delegierten für ein Verbot des kleinen Glücksspiels in ganz Österreich.
Bürger gingen auf die Barrikaden
Auch Bürgerbewegungen, etwa in der Reinprechtsdorfer Straße, verstärkten den öffentlichen Druck gegen die verglasten Kabäuschen, die vor Ort das Wiener Stadtbild prägen und Unglück für süchtige Spieler plus Familien bedeuten können. Der Koalitionspartner, die Grünen, forcierte das Verbot, das nach einer mehrjährigen Übergangsfrist wirksam wird.
"Das kleine Glücksspiel ist in Wien mit 31. 12. 2014 "erledigt", sagt der Klubchef der Grünen, David Ellensohn, nach der Sitzung des Landtages gegenüber der "Wiener Zeitung". "Das war der letzte Puzzlestein. Heute ist ein großartiger Tag." Das "Suchtmittel Automat" werde weiterhin im "Konsumraum Casino" angeboten.
Beschluss erfolgte einstimmig
Der Beschluss im Landtag erfolgte einstimmig. Die FPÖ Wien soll im Ausschuss noch für strengere Regeln, aber gegen ein Verbot gewesen, dann aber eingeschwenkt sein.
Das Verbot bringt den Automatenriesen Novomatic in die Bredouille. Er betreibt knapp die Hälfte aller Wiener Automaten. Alleine im Automaten-Casino im Prater stehen 380 Stück. Für diesen Standort hat Novomatic eigentlich eine Casino-Lizenz erhalten. Das heißt, man könnte das Casino samt Automaten als "großes Glücksspiel" weiterführen. Doch Casinos Austria, die mit ihren zwei Casino-Bewerbungen abblitzten, klagten gegen die Vergabe vor dem Bundesverwaltungsgerichtshof. Diese Klage hat aufschiebende Wirkung. Eine Entscheidung wird noch Monate dauern. Bis dahin wäre der Betrieb der Spielhalle im Prater illegal.
Bangen der Mitarbeiter um Jobs
Dabei geht es auch um Arbeitsplätze. Die Mitarbeiter soll der neue Novomatic-Chef, Harald Neumann, per internem Schreiben beruhigt haben, sie sollten sich keine Sorge um ihre Jobs machen. Wie er den fortlaufenden Betrieb allerdings gewährleisten will, ist offen. Novomatic lobbyiert eifrig im Hintergrund, schweigt öffentlich aber zu den bevorstehenden Änderungen. Mehrfache Anfragen dazu blieben unbeantwortet.
Novomatic könnte einige Automaten auch weiterlaufen lassen und selbst gegen das Automatenverbot klagen. Helmut Kafka vom Automatenverband hält Klagen mehrerer betroffener Automaten-Firmen für sehr wahrscheinlich. Hintergrund: Rund 1000 der 2500 Automaten in Wien haben Konzessionen, die über das Jahr 2014 hinaus laufen, manche sind sogar unbefristet. Novomatic hat sich mit Gutachten aufmunitioniert, wonach ein Verbot einer Enteignung gleichkäme. Ellensohn widerspricht heftig. "Deswegen haben wir eine Übergangsfrist von vier Jahren beschlossen. Alle Juristen, die wir gefragt haben, gehen davon aus, dass das Automatenverbot hält. Also gehe ich fest davon aus, dass das Gesetz wasserdicht ist. Falls es doch noch Schlupflöcher gibt, werden wir diese schließen", sagt Ellensohn.
Und wenn Automaten weiter betrieben werden? "Dann ist die Finanzpolizei am Zug. Man darf ja auch nicht mit 120 km/h durch die Innenstadt rasen."
Niki Kowall von der Sektion 8 bleibt skeptisch. Er wolle erst "feiern", wenn das Automatenverbot in Wien auch exekutiert werde. Derzeit bereite man sich sehr genau auf den 1. Jänner vor.
Schwarzer Peter im neuen Poker um Casino-Lizenz?
Ignoriert Novomatic mit Berufung auf seine Rechtsgutachten die neue Gesetzeslage, könnte das die Position im Poker um die große Casino-Lizenz für den Prater schwächen. Denn bis zu einer neuerlichen Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht und das Finanzministerium können die Kontrahenten weiter Argumente einbringen, die ihre Position verbessern. Ein Alleingang von Novomatic gegen die Glücksspielpolitik der Stadt Wien wäre für die Casinos Austria wohl ein gefundenes Fressen. Die Casinos wollen Novomatic ihre zwei Lizenzen ja noch abspenstig machen.
Auch für Wettcafés wird es eng
Keine Aussicht auf eine Casino-Lizenz hat das Casino Monte Laa im Böhmischen Prater in Favoriten, das ebenfalls Novomatic betreibt. Dort stehen weitere 200 Automaten. Wie es dort weitergeht, ist unklar. Entsprechende Anfragen blieben unbeantwortet.
Eng wird es auch für hunderte Wettcafés in der ganzen Stadt, von denen alleine Novomatic 80 betreibt. Wetten fällt nicht unter Glücksspiel und bleibt von der neuen Regelung unberührt. Jedoch sind die Gewinne viel niedriger als beim Automaten. Deswegen sind die Automaten, die in den Wettcafés oder in den Kabinen nebenan aufgestellt sind, wesentliche Umsatzbringer.
In der Branche gilt die Formel, wonach höchstens Automaten ein Wettcafé wirtschaftlich tragen. Ein Automat an einem guten Standort soll in der Woche immerhin bis zu 5000 Euro einspielen. "Die Margen im Wettbüro sind viel zu gering. Die können sich durchs Wetten alleine nicht halten", sagt ein Branchenkenner, der früher selbst mit Automaten arbeitete.