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AvW-Anleger klagt Ratingagentur

Von Kid Möchel

Wirtschaft

AvW-Opfer fordert von Dun & Bradstreet rund 633.000 Euro Schadenersatz. | Dun & Bradstreet stellte AvW gute Bonitätsratings aus - deshalb kaufte Anleger AvW-Wertpapiere.


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Wien/Klagenfurt. Die 350-Millionen-Euro-Anlageaffäre um das Kärntner Beteiligungskonglomerat AvW von Wolfgang Auer-Welsbach hat für den Wirtschaftsinformationsdienstleister Dun & Bradstreet (D & B) ein gerichtliches Nachspiel.

Ein AvW-Geschädigter klagt die Dun & Bradstreet Information Services GmbH mit Sitz in Wien auf 633.000 Euro Schadenersatz samt vier Prozent Zinsen.

Der Anleger, vertreten von Anwalt Michael Bauer, wirft D & B vor, jahrelang falsche Ratings über die AvW Gruppe AG und die AvW Invest AG erstellt zu haben.

Denn: Finanzjongleur Wolfgang Auer-Welsbach hat sein AvW-Genussschein-Rad genüsslich mit den Ratings von Dun & Bradstreet beworben.

Nicht nur in den AvW-Geschäftsberichten wurde die tolle Bonitätsbewertung von Dun & Bradstreet angeführt, sondern auch in Ad-hoc-Meldungen und in Original-Text-Service-Aussendungen über die Austria Presse Agentur verbreitete Auer-Welsbach die Super-Noten. Zuletzt im Juli 2008, knapp drei Monate vor dem Zusammenbruch von AvW: „Rating-Agentur D & B bestätigt AvW Gruppe höchste Bonität”, hieß es in einer OTS-Aussendung von AvW. „Der AvW Gruppe AG wurde von der renommierten Ratingagentur Dun & Bradstreet erneut das hervorragende Rating A51 bescheinigt.” Laut D & B-Business-Report besagt das Rating A51, dass AvW „ein etabliertes Unternehmen in einer gesunden Branche ist”, dass „in der Vergangenheit keine ernsten Zahlungsanstände bekannt wurden”, dass „die Eigenkapitalbasis solide ist, der Umsatz pro Mitarbeiter auf ein geringes Risiko hinzeigt und die Aufnahme einer Kreditverbindung empfohlen wird”.

Starker Tobak

„Seit 2004 hat Dun & Bradstreet der AvW Gruppe AG und der AvW Invest AG die besten Ratings ausgestellt”, sagt Anlegeranwalt Michael Bauer, der in Kooperation mit seinem Kollegen Erich Holzinger rund 2000 AvW-Geschädigte vertritt. „Angesichts des Gutachtens des Sachverständigen Fritz Kleiner im Strafverfahren ist es völlig unerklärlich, wie diese Ratings zustande kommen sind.” Nachsatz: „Die Ratings waren über all die Jahre falsch, stellten aber für meinen Mandanten die entscheidende Grundlage für den Ankauf der AvW-Genussscheine dar.” Laut Bauer hätte aus den vorgelegten Bilanzen erkennbar sein müssen, dass bei AvW „ein Perpetuum mobile finanzieller Art geschaffen wurde”. Dun & Brad-street Österreich weist die Vorwürfe zurück. Das Unternehmen sei keine Ratingagentur im Sinne der EU-Verordnung, sondern ein Adressverlag bzw. „eine Auskunftei über Kreditverhältnisse”.

Vorwürfe bestritten

„Dun & Bradstreet hatte absolut keine Kenntnis von den internen Machenschaften im AvW-Konzern”, heißt es in der Klagebeantwortung. „Insofern ist Dun & Bradstreet selbst als Betrugsopfer zu sehen.” Nachsatz: „Die Bonitätsauskünfte waren nicht schlichtweg falsch, sondern die Bewertung basierte auf unrichtigen Unterlagen und Informationen.” Die geprüften Bilanzen der AvW seien nicht korrekt gewesen, heißt es darin weiter, aber „Dun & Bradstreet konnte und durfte sich auf deren Richtigkeit verlassen”. Aufgrund der zur Verfügung stehenden Unterlagen „war die erstellte Risikobewertung zum damaligen Zeitpunkt richtig”.

Zugleich bringt die Auskunftei zur Entlastung vor, dass diese „Bonitätsratings” nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, sondern streng vertraulich zu behandeln und „nur für den internen geschäftlichen Zweck” bestimmt sind. Auch hätte AvW mit den Ratings gar nicht werben dürfen.

Indes wirft Anwalt Bauer Dun & Bradstreet vor, es zugelassen hat, von AvW in Ad-hoc-Meldung als Ratingagentur bezeichnet zu werden. Man hätte eine Unterlassung oder Richtigstellung begehren können. Bauer: „Es war für Dun & Bradstreet auch leicht zu erkennen, dass mit den angeführten Ratings in den Ad-hoc-Mitteilungen Anlageempfehlungen er folgen.” Das wird vom Informationsdienstleister bestritten.