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Masseverwalter wollen sich mit Urteilen der Höchstrichter absichern. | Gläubiger werden bestenfalls rund 20 Prozent Quote erhalten. | Klagenfurt. Ein Jahr nach Eröffnung der Insolvenzverfahren über die AvW Gruppe AG und AvW Invest AG müssen die 12.500 geschädigten Genussscheininhaber weiterhin um ihre rund 350 Millionen Euro Forderungsansprüche bangen.
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Zwar haben die Masseverwalter Gerhard Brandl und Ernst Malleg mit dem Verkauf von Aktien und Liegenschaften zirka 106 Millionen Euro Erlös erzielt, die restlichen Liegenschaften kommen am 7. Juni unter den Hammer, doch rechtlich sind nach wie vor alle Probleme ungelöst. Die Anleger müssen sich daher auf lange gerichtliche Auseinandersetzungen in Formen von Musterprozessen einstellen.
"Das erste Jahr galt der Verwertung - jetzt fängt der Verteilungskampf an und der wird heftig", sagt Masseverwalter Gerhard Brandl. "Die Quote wird zwischen 15 und etwas mehr als 20 Prozent liegen, je nachdem, wie das Verfahren mit der Finanz ausgeht."
Denn: Gutachter Fritz Kleiner hat im Strafverfahren eine Steuerverkürzung in Höhe von rund 56 Millionen Euro errechnet. Damit dürfte die Finanz nach Abschluss der anhängigen Betriebsprüfung die Liste der Großgläubiger anführen.
Indes sind die Insolvenzverwalter von ihrer Überlegung abgerückt, beide Konkursverfahren mittels Beschluss des Gläubigerausschusses zusammenzulegen. Sie empfahlen bisher, Genussscheinforderungen nur im Fall der "vermögenden" AvW Gruppe anzumelden. Erste Deadline ist der 31. Mai.
Hohes Haftungsrisiko
Zwar bescheinigt Gutachter Fritz Kleiner in einer Expertise, "dass es sich bei der AvW Gruppe und der AvW Invest um eine wirtschaftliche Einheit handelt, da die Vertriebstochter AvW Invest alleine nie lebensfähig gewesen wäre und nur durch Vermögensverschiebungen finanziell gespeist wurde". Aber Brandl und Malleg fürchten bei einem nicht rechtssicheren "Alleingang", von den Anlegeranwälten in die Haftung genommen zu werden.
Die beiden Anlegeranwälte Harald Christandl und Erich Holzinger haben ihnen mögliche Haftungsansprüche aus der angedachten Zusammenlegung bereits drastisch skizziert.
"Wieso soll ich den Kopf hinhalten", sagt Konkursverwalter Brandl. Brandl und Malleg wollen nun die Anlegeransprüche gegen die AvW Invest bestreiten, damit am Ende des Tages der Oberste Gerichtshof (OGH) eine klare Entscheidung fällt. Sie wollen die Vermögensverschiebungen von der AvW Gruppe zur Tochterfirma AvW Invest vom OGH "rechtlich nichtig erklären" lassen, weil kriminelle Handlungen erst diese Verschiebungen möglich gemacht hatten. Am Ende würde nur noch ein Verteilungstopf übrig bleiben. "Damit gehe ich jedem Risiko aus dem Weg", bestätigt Brandl. Indes sieht Anlegeranwalt Holzinger nicht viel Sinn darin, "drei Jahre bloß wegen einer Zusammenlegung der Verfahren zu prozessieren".
Hauptfrage noch ungelöst
Die Kernfrage, ob das AvW-Genussscheinkapital nun Fremdkapital oder Eigenkapital ist, sprich ob die Anleger ein Anrecht auf einen Anteil an der Insolvenzquote haben oder nicht, ist weiterhin ungeklärt. Erst nach der Prüfungstagsatzung am 28. Juni können erste Klagen eingebracht werden. Der Ball liegt auch hier beim Obersten Gerichtshof - und das kann dauern.
Indes gibt es Anleger, die jetzt schon schlecht auf die Masseverwalter zu sprechen sind. Ferdinand K. erhielt kürzlich von den Verwaltern eine Klage, mit der Aufforderung, 52.500 Euro zurückzuzahlen. K., vertreten von Anwalt Wolfgang Haslinger, hatte Ende März 2010 vom Oberlandesgericht Graz diesen Schadenersatzbetrag aufgrund von Beratungsfehlern der AvW Invest zugesprochen bekommen. Brandl und Malleg fordern den Betrag mit der Begründung zurück, der geschädigte Anleger hätte damals bereits gewusst, dass die AvW insolvent sei. Tatsächlich wurde der Konkurs erst Anfang Mai 2010 eröffnet.
Wolfgang Haslinger legt jetzt Einspruch gegen diese Mahnklage ein: "Das ist keine elegante Vorgangsweise der Masseverwalter gegenüber einem geschädigten Anleger."