AvW-Anlegeranwalt erzielt Etappensieg, OLG bestätigt Rückkaufsverpflichtung.
Klagenfurt. Im 531-Millionen-Euro-Insolvenzverfahren um das betrügerische Genussscheinkonglomerat AvW von Wolfgang Auer-Welsbach hat das Oberlandesgericht (OLG) Graz am Dienstag ein brisantes Urteil zugestellt.
Einem AvW-Opfer, vertreten von Anwalt Erich Holzinger, hat das OLG Graz eine Insolvenzforderung in Höhe des vollen Rückkaufswerts von knapp 263.000 Euro plus Prozesskosten zuerkannt; diese Forderung war zuvor von den AvW-Masseverwaltern bestritten worden.
Zur Erinnerung: Rund 10.600 AvW-Geschädigte fordern insgesamt 440 Millionen Euro Schadenersatz im Konkursverfahren. Der gesamte Forderungsbrocken wurde aber von den Masseverwaltern Gerhard Brandl und Ernst Malleg bestritten. Sie wollen zuerst mehrere rechtliche Fragen, wie die Frage, ob das Genussscheinkapital Eigen- oder Fremdkapital ist, bis zum Obersten Gerichtshof ausjudizieren. Mittlerweile hat sich Brandl mit dem Verein für Konsumenteninformation (VKI), dem Musterkläger, auf vier statt sechs Verfahren geeinigt. Doch mit dem aktuellen Urteil (2 R 61/10y) dürfte die Frage der Rückkaufsverpflichtung durch AvW und des Forderungsanspruchs der Anleger gelöst sein.
Starker Tobak
"Das Berufungsgericht kommt zum klaren Schluss, dass dem Anleger ein Recht zusteht, den Genussschein direkt an AvW zurück zu verkaufen und AvW eine korrespondierende Pflicht hat", erklärt Anwalt Holzinger, der gemeinsam mit seinem Kollegen Michael Bauer rund 2000 geschädigte AvW-Investoren vertritt. "Sämtliche Werbeunterlagen vermitteln laut OLG den geradezu auf der Hand liegenden Eindruck, dass die Genussscheine jederzeit zum aktuellen Kurswert von der Emittentin zurückgekauft werden." Nachsatz: "Damit bestätigt nunmehr das Oberlandesgericht Graz, dass den AvW-Geschädigten nicht nur Ersatz des seinerzeitigen Investments in die Genussscheine zusteht, sondern eine Zahlung auf Basis des damals aktuellen Kurswerts - und dieser war vor dem Crash am Höchstwert von 3275 Euro pro Genussschein." Laut Urteil ist in diesem Zusammenhang nicht auf die AvW-Genussscheinbedingungen, die keine Rücknahmepflicht vorsehen, Bedacht zunehmen, sondern darauf, dass die AvW-Papiere mit Rückkaufszusagen von den Anlagevermittlern verkauft wurden. Diese wurden von der AvW-Gruppe geschult und eingesetzt.
Außerordentliche Revision?
Indes hat Masseverwalter Brandl das OLG-Urteil noch nicht gelesen. "Aufgrund des Urteils müssen wir die Forderung anerkennen oder eine außerordentliche Revision einlegen", sagt Brandl zur "Wiener Zeitung". "Aber der Rückkaufswert ist ein völliger Fantasiewert, das kann es nicht sein. Was die Höhe betrifft, muss ich mich dagegen wehren. Da führe ich sicher einen Prozess." Insolvenzverwalter Brandl hat das Verfahren von den AvW-Firmenanwälten geerbt. Es war mit der Pleite unterbrochen worden und wurde auf Antrag Holzingers fortgesetzt.