Masseverwalter fahren in Berufungen schwere Geschütze gegen Erstgericht auf.
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Klagenfurt/Wiener Neustadt. Die Insolvenzverfahren über die AvW Invest AG und AvW Gruppe AG (12.500 Geschädigte, rund eine Milliarde Euro Forderungen) sprengen alle Grenzen. In erster Instanz sind die Schadenersatzklagen der Insolvenzverwalter Gerhard Brandl und Ernst Malleg über 132 Millionen Euro gegen den Ex-AvW-Wirtschaftsprüfer Ehrenböck Moore Stephens vom Landesgericht Wiener Neustadt an nur einem Verhandlungstag abgeschmettert worden, nun gibt es am Oberlandesgericht Wien ein Nachspiel.
"Vergangenen Montag haben wir zwei Berufungen eingebracht", bestätigt Gerhard Brandl der "Wiener Zeitung". Zugleich mussten zumindest rund 1,5 Millionen Euro sogenannte "pauschale Gerichtsgebühren" bezahlt werden. Brandl und Malleg führen in den Berufungen auf 64 bzw. 65 Seiten schwere Geschütze auf. Sie werfen dem Erstgericht "Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit im Verfahren, Aktenwidrigkeit sowie unrichtige Feststellungen und Beweiswürdigung" vor.
"Das Urteil steht mit sich selbst im Widerspruch", heißt es zu den Begründungsmängeln. Laut Berufung hat das Erstgericht die "Klage als dahin gehend vollkommen unbegründet interpretiert, weil angeblich ein sogenannter Quotenschaden und somit ein Schaden der Gläubiger geltend gemacht werde". Damit fehle den Masseverwaltern die Klagslegitimation.
"Überschießendes Urteil"
Diese entgegnen nun, dass sie keinen Quotenschaden vorgebracht hätten, sondern "den Anstieg der Überschuldung als Schaden geltend gemacht" haben. Als Schaden führen sie "die Differenz zwischen der Überschuldung der Gesellschaften in jenen Jahren an, in denen Ehrenböck angeblich unrichtige Bestätigungsvermerke erteilt hat, und der Überschuldung zu den Konkurseröffnungen 2010". Das Gericht übersehe "in völlig überschießender Weise, dass gerade der Vergleich zwischen dem Vermögen der geschädigten AvW-Gesellschaften mit und ohne schädigender Handlungen die richtige Berechnungsmethode im österreichischen Schadenersatzrecht darstellt".
Auch bringen sie vor, dass der Wirtschaftsprüfer "nicht nur dafür einzustehen hat, dass die Malversationen der Organe der von ihm geprüften Gesellschaften nicht aufgedeckt wurden", sondern auch für "sämtliche pflicht- und sorgfaltswidrig nicht aufgedeckten Bilanzfehler in den Jahresabschlüssen der AvW, durch welche kausal ein Schaden entstanden ist". Die Schadenersatzansprüche stellen sie ab dem Jahresabschluss 2002. Bei der AvW Gruppe sollen 44 Millionen Euro, bei der AvW Invest 88 Millionen Euro Schaden entstanden sein. Indes dürften die beiden Verfahren durch die Instanzen bis zum Obersten Gerichtshof rund sieben Millionen Euro verschlingen.
Wirtschaftsprüfer Josef Ehrenböck, der auch von 2500 AvW-Geschädigten in zwei Massenverfahren geklagt wird, weist die Vorwürfe entschieden zurück.