Nach OGH-Urteil steigt die Spannung über Verlauf der Insolvenzverfahren.
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Klagenfurt. Die Insolvenzverfahren der AvW Gruppe AG und der AvW Invest AG - insgesamt geht es um 531 Millionen Euro Forderungen - stehen unter keinem guten Stern. In der Vorwoche ist der Oberste Gerichtshof der Ansicht des Oberlandesgerichts Graz gefolgt und hat die Zusammenlegung der beiden Insolvenzverfahren untersagt.
"Ich möchte, dass eine Gläubigerausschusssitzung einberufen wird, und ich gehe davon aus, dass der Masseverwalter einen Verjährungsverzicht abgeben wird", sagt Barbara Wiesler-Hofer vom KSV1870. "Das Ganze ist ein Wahnsinn. Es ist jetzt wieder alles offen." Im Mittelpunkt der weiteren Vorgangsweise wird die Verjährungsfrage in zweierlei Hinsicht stehen.
Einerseits stellt sich für die 10.600 AvW-Geschädigten die Frage, wann die dreijährige Verjährungsfrist für die Anmeldung ihrer Schadenersatzansprüche tatsächlich abläuft, die mit Kenntnis des Schadens begonnen hat.
Zugleich ist aber die einjährige Anfechtungsfrist im Zusammenhang mit den Vermögensverschiebungen von der AvW Gruppe zur AvW Invest bereits abgelaufen.
"Da die Masseverwalter diese Frist versäumt haben, könnte die Masse der AvW Gruppe einen Schadenersatzanspruch gegen die Masseverwalterin stellen", meinen die Anlegeranwälte Gerald Otto und Alexander Cabjolsky, die die OGH-Entscheidung errungen haben. "Es ist richtig, dass die Vermögensverschiebung einen Anfechtungsanspruch darstellt. Ist aber der Anspruchsteller selbst in Konkurs, ist die Forderung ganz normal im Insolvenzverfahren anzumelden", kontert AvW-Masseverwalter Brandl. "Die Forderung der AvW Gruppe gegen die AvW Invest wird als normale Forderung angemeldet und anerkannt." Nachsatz: "Wir haben bisher auch kein Vermögen zusammengelegt, wir führen getrennte Konten." So sind bei der AvW Invest 21 Millionen Euro auf dem Konto und bei der AvW Gruppe 46 Millionen Euro.
Forderungen nicht verjährt
Auch seien die Forderungen nicht verjährt. "Der Schaden kann frühestens mit Konkurseröffnung am 4. Mai 2009 eingetreten sein", sagt Brandl. "Die Verjährungsfrist läuft zumindest bis 4. Mai 2012." Nachsatz: "Wir werden niemals den Einwand der Verjährung erheben, wenn der Forderungsanspruch zurecht besteht."
Aber auch wenn Masseverwalter Gerhard Brandl und sein Kollege Ernst Malleg einen Verjährungsverzicht abgeben, kann ein einzelner AvW-Anleger diesen zu Fall bringen. "Ein Gläubiger, dessen Forderung anerkannt wurde, kann jede Forderung eines anderen Gläubigers bestreiten", sagt Brandl. "Das wäre die Selbstzerfleischung der Gläubiger."