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AvW-Opfer erhöhen Druck auf Auskunftei Dun & Bradstreet

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Anlegeranwalt hat zwölf Sammelklagen über 5,89 Millionen Euro eingebracht.


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Wien/Klagenfurt. In der 350-Millionen-Euro-Anlagebetrugsaffäre AvW um Wolfgang Auer-Welsbach schwillt die Klagslawine an. AvW-Opferanwalt Michael Bauer hat bereits zwölf Sammelklagen mit einem Gesamtstreitwert von 5,89 Millionen Euro gegen die "Ratingagentur" Dun & Bradstreet eingebracht. 13 weitere Massenklagen werden folgen.

Die geschädigten AvW-Investoren wollen von der Wiener Wirtschaftsauskunftei Dun & Brad-street Informations Service GmbH (D & B) Schadenersatz. Sie hat dem Finanzkonglomerat AvW über Jahre tolle Bonitätsratings ausgestellt. Am 31. Jänner wird dazu am Handelsgericht Wien ein Musterprozess (Aktenzahl 23 Cg 23/11) fortgesetzt. Bauers Mandant fordert von D & B rund 633.000 Euro.

"Am 27. November 2003 wurde erstmals das D & B-Bonitätsrating für AvW im OTS-Service der Austria Presseagentur im Internet veröffentlicht, was Auer-Welsbach veranlasst hatte", sagt Bauer. "Auch in den AvW-Geschäftsberichten 2005 bis 2008 wurden die D&B-Ratings 1AA1 angeführt, die die beste Bonität ausweisen." Noch im Juli 2008, also drei Monate vor dem Zusammenbruch von AvW, schickten die Kärntner eine OTS-Meldung mit dem Titel aus: "Rating-Agentur D & B bestätigt AvW Gruppe beste Bonität." Wie kann es sein, fragt sich Anwalt Bauer, "dass D & B eine positive Bonität für AvW ausweist, wenn hier Missstände vorhanden waren, wie das Fehlen eines internen Kontrollsystems". Auch seien die AvW Invest AG und die AvW Gruppe AG nicht miteinander verglichen worden.

"Alles, was später aufgekommen ist, hätte bei einer ausreichenden Überprüfung durch D & B festgestellt werden können. Das Rating hätte ausgesetzt, oder AvW hätte weitaus schlechter eingestuft werden müssen", behauptet der Anlegeranwalt. Mittlerweile hat er bei Gericht ein Gutachten beantragt. Ein Buchsachverständiger müsse laut Bauer feststellen, ob diese Missstände bei AvW schon 2003 oder 2004 oder in den Folgejahren vor dem Crash erkennbar waren.

"Die Ratings von D & B waren über all die Jahre falsch, stellten aber für die Kläger die entscheidende Grundlage für den Ankauf der Genussscheine dar", behauptet Anwalt Bauer. "Die Kläger hätten keine Genussscheine gekauft, wenn für AvW nicht das beste Rating ausgesprochen worden wäre." Die Sammelklageverfahren will der Anwalt "bis zur Erledigung des Musterverfahrens" ruhend stellen lassen. D & B bestreitet die Vorwürfe. Zwischen D & B und AvW habe es kein Vertragsverhältnis gegeben. Jedem in ihrer Datenbank gespeicherten Unternehmen stehe es zu, "einmal jährlich eine kostenlose Selbstauskunft einzuholen".

Vorwürfe bestritten

"Wir verstehen gut, dass sich die Kleinanleger von AvW betrogen fühlen und nun versuchen, den erlittenen Schaden ersetzt zu bekommen", erklärt Dieter Bodingbauer, Geschäftsführer von Dun & Bradstreet Österreich. "Wir sind aber als Wirtschaftsauskunftei der falsche Adressat dafür." AvW habe einmal jährlich eine Selbstauskunft angefordert, dem sei man nachgekommen. AvW habe "diese Selbstauskunft widerrechtlich und ohne Wissen oder Zutun von Dun & Bradstreet zur Bewerbung ihrer Anlageprodukte verwendet".

"Dass die AvW-Bilanzen, die wir zur Erstellung unserer Berichte herangezogen haben, gefälscht waren, wussten zu diesem Zeitpunkt weder wir, noch wusste es sonst jemand in Österreich", kontert Bodingbauer. "Diese gefälschten Bilanzen wurden auch in die Urkundensammlung des Firmenbuches aufgenommen und bildeten schließlich die Grundlage der Bewertung des Unternehmens durch Dun & Bradstreet." Auch habe ein Wirtschaftsprüfer die AvW-Bilanzen testiert. Zugleich habe D & B auf die Finanzmarktaufsicht (FMA) gesetzt. Bodingbauer: "Wir haben wir uns darauf verlassen, dass die FMA ihrer Aufsichtspflicht ordnungsgemäß nachkommt." Indes hat D & B zwei Verfahren, die ein Grazer Anwalt für AvW-Anleger führt, in erster Instanz gewonnen. Gegen diese Urteile wurde berufen.