10.600 Geschädigte betrifft das Urteil, sie fordern rund 300 Millionen Euro. | Masseverwalter werden Rechtsmittel gegen Entscheidung einlegen.
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Graz/Klagenfurt. Die Masseverwalter der AvW Gruppe AG und der AvW Invest AG, Gerhard Brandl und Ernst Malleg, müssen eine rechtliche Schlappe hinnehmen. Das Oberlandesgericht Graz unter Senatspräsidentin Gerlinde Galli hat mit dem Beschluss mit der Aktenzahl 3 R 114/11a die überaus gewagte Zusammenlegung der zwei AvW-Insolvenzverfahren gekippt.
"Kernaussage ist, dass es kein gemeinsames Insolvenzverfahren gegen zwei Schuldner gibt, und gegen jeden Schuldner ein Insolvenzverfahren durchzuführen ist", erklärt Ulrich Leitner, Vizepräsident des Oberlandesgerichts Graz der "Wiener Zeitung".
Die Masseverwalter hatten die Zusammenlegung der zwei Insolvenzverfahren, die der Gläubigerausschuss genehmigte, damit begründet, dass es zu kriminellen Vermögensverschiebungen von einer zur anderen AvW-Gesellschaft gekommen sei. Auch der renommierte Sachverständige Fritz Kleiner hat in seinem Gutachten die wirtschaftliche Einheit des AvW-Konglomerats festgestellt.
Rechtlich nicht gedeckt
"Es war ein richtungsweisender Versuch in Richtung einer Konzerninsolvenz, aber die mutige Entscheidung des Landesgerichts Klagenfurt ist damit hinfällig", sagt Masseverwalter Gerhard Brandl. "Das war eine gute Idee, aber unsere Rechtsordnung sieht das noch nicht vor. Das Gericht beruft sich in seiner Entscheidung auf einen Kommentar aus dem Jahr 1937." Nachsatz: "Unsere Lösung wäre ein echt gerechte."
So wollen Brandl und Malleg dennoch nicht klein beigeben und beim Obersten Gerichtshof ein außerordentliches Rechtsmittel gegen das OLG-Urteil einlegen. Nicht gegen den rechtlichen Inhalt des Urteils, sondern dagegen, dass der Anleger eigentlich keine rechtliche Legitimation für diese Klage hatte. Mit dem Argument: Nur der Gläubigerausschuss hätte diese Zusammenlegung beeinspruchen können.
Saubere Lösung
"Für die Anleger ist diese Entscheidung wichtig, weil damit diejenigen Anleger, die einen Forderungsanspruch gegen beide AvW-Gesellschaften haben, nicht um einen dieser Ansprüche verkürzt werden, wie das durch die Zusammenlegung der Konkursmassen der Fall gewesen wäre", erklärt der Wiener Anlegeranwalt Gerald Otto, der die Trennung der Verfahren durchgesetzt hat. "Eine einheitliche Konkursquote wäre aufgrund des unterschiedlichen rechtlichen Charakters der verschiedenen Anspruchsgrundlagen sachlich nicht gerechtfertigt."
So haben die Anleger die AvW-Genussscheine zu unterschiedlichen Preisen gekauft und auch einen Anspruch auf Schadenersatz.
Insgesamt haben rund 10.600 geschädigte Anleger bisher etwa 300 Millionen Euro an Forderungen angemeldet. Rund 100 Millionen Euro sind bereits im Topf.
Haufen Arbeit
Die Masseverwalter haben nun doppelte Arbeit. "Die Anleger werden jetzt ihre Forderungen auch im Insolvenzverfahren der AvW-Invest anmelden, ihre Anwälte und eine weitere Pauschalgebühr in Höhe von 21 Euro zahlen müssen", sagt Brandl. "Die Anleger werden ihre Ansprüche aus den AvW-Genussscheinen im Insolvenzverfahren der AvW-Gruppe anmelden und die Schadenersatzforderungen bei der AvW Invest."