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AvW-Verwalter fordern Neustart im 132-Millionen-Euro-Prozess

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Nach dem kurzen Prozess im März wurde die Wiedereröffnung beantragt.


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Klagenfurt/Wiener Neustadt. Das Landesgericht Wiener Neustadt kann sich der AvW-Verfahren nicht erwehren. Nachdem Anlegeranwälte die Abweisung ihrer Sammelklagen gegen den Ex-AvW-Wirtschaftsprüfer beim Oberlandesgericht Wien erfolgreich bekämpfen konnten, holen auch die Kärntner AvW-Insolvenzverwalter Gerhard Brandl und Ernst Malleg zu einem Gegenschlag aus.

Am Dienstag haben Brandl und Malleg die Wiederöffnung ihres 132-Millionen-Euro-Schadenersatzverfahrens gegen den früheren AvW-Bilanzprüfer beim Gericht in Wiener Neustadt beantragt, das am 6. März nach nur einem Verhandlungstag geschlossen wurde; das Urteil soll in Kürze vorliegen.

Rute ins Fenster gestellt

Die Insolvenzverwalter laufen in ihrem "Wiedereröffnungsantrag" gegen die angekündigte Klagsabweisung Sturm. Dem Vernehmen nach soll das Gericht der Ansicht sein, dass die insolventen AvW-Gesellschaften keine Schadensansprüche gegen den Wirtschaftsprüfer erheben können. Auch sollen die Ansprüche verjährt sein.

"Die Rechtsansichten des Gerichts erscheinen nicht nachvollziehbar, rechtlich verfehlt und somit aufklärungsbedürftig", wettern Brandl und Malleg in ihrem Schriftsatz. "Im Falle einer Abweisung der Klage ohne Durchführung eines Beweisverfahrens sind die Masseverwalter zur Ergreifung von Rechtsmitteln gezwungen. Das Gericht würde für die Kosten eines solchen Rechtsmittelverfahrens nach amtshaftungsrechtlichen Grundsätzen haften." Nachsatz: "In Hinblick auf die rechtlichen Aspekte und Unklarheiten und die Amtshaftungsproblematik regen wir eine Wiedereröffnung des Verfahrens an."

So führen die Insolvenzverwalter ins Feld, dass laut OGH "der Masseverwalter einen durch die verzögerte Konkurseröffnung eingetretenen Betriebsverlust als Schaden der Gesellschaft geltend machen kann und muss". Für Brandl und Malleg ist der Schaden frühestens mit Platzen des AvW-Skandals im Oktober 2008 bzw. mit Konkurseröffnung im Mai 2010 eingetreten. Sie werfen dem Wirtschaftsprüfer vor, "durch rechtswidrige Prüfpflichtverletzungen, sprich mit der uneingeschränkten Testierung der faulen Bilanzen, das AvW-Vermögen vermindert zu haben, weil die Passiva dadurch angestiegen sind. Sie behaupten, dass bereits den AvW-Bilanzen ab 2003 die Testate verweigert hätten werden müssen. Der frühere AvW-Wirtschaftsprüfer bestreitet die Vorwürfe.

Auch mit den Berechnungsmethoden des Richters stehen Brandl und Malleg auf Kriegsfuß.

"Es ist keinesfalls rechtlich haltbar, wie sich durch einen Vermögensvergleich der Zeitpunkt des Schadenseintritts und somit der Beginn des Laufes der Verjährungsfrist ermitteln lassen soll", "Eine derartige Rechtsansicht ist dem kompletten Zivil- und Gesellschaftsrecht fremd."

Indes bestätigt Hans Barwitzius vom Gericht Wiener Neustadt der "Wiener Zeitung", dass dem Richter diese "Anregung" der Masseverwalter vorliegt und sie geprüft werde. "Die Parteien haben grundsätzlich kein Recht auf Wiedereröffnung", sagt Barwitzius. "Wenn Bedenken geäußert werden, die man ernst nimmt, kann man aber wiedereröffnen."