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Ayotte - Romneys bessere Hälfte?

Von Alexander U. Mathé

Politik

Herausforderer von Präsident Obama muss offene Flanken abdecken.


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Washington/Wien. Es ist Hochsaison für Veepstakes in den USA - ein Ritual, das zum Präsidentschaftswahlkampf gehört, wie Budweiser zur Super-Bowl. Es bezeichnet den Prozess, in dem die Präsidentschaftskandidaten ihren Partner wählen. Der wird im Falle eines Sieges Vizepräsident; stirbt der Präsident, übernimmt er dessen Amt. Da Präsident statistisch gesehen einer der gefährlichsten Jobs in den USA ist, ist der Vize also nur einen Herzschlag davon entfernt, der mächtigste Mann der Welt zu werden. Unterm Strich führt der "running mate" zwar ein Schattendasein, doch zur Profilstärkung des Präsidentschaftskandidaten ist er ein unschätzbarer Bonus.

Gerade in diesem Wahlkampf benötigt der republikanische Herausforderer von Präsident Barack Obama einen starken Partner, der ihm ein paar seiner offenen politischen Flanken abdeckt. Dazu zählen etwa die Latinos, die zur überwältigenden Mehrheit Obama wählen wollen. Auch bei Frauen ist Romney nicht allzu gut angeschrieben und selbst die den Republikanern eigentlich nahestehende Protestbewegung "Tea Party" ist nicht wirklich euphorisch, wenn von Romney die Rede ist. Nun warten die USA gespannt, wen er nominieren wird, um die Defizite wettzumachen.

Das Veepstakes-Zeremoniell verlangt es, dass Medienvertreter mögliche Kandidaten regelrecht bestürmen und großflächig spekulieren, wer denn in aussichtsreichster Position sei. Kandidaten, die wirklich Aussichten haben, müssen heftigst dementieren, andere, Aussichtslose, bringen sich gerne selber für eine Nominierung ins Spiel. Meist wird es am Ende jemand, den die Mehrheit gar nicht auf der Liste hatte.

Wahl zwischen aufregend und sicher

Generell werden die "running mates" in zwei Kategorien eingeteilt: die Aufregenden und die Sicheren. Bei der letzten Wahl 2008 spielte Obama auf sicher und nominierte Joe Biden, der ihm half, sein Defizit bei der weißen Arbeiterklasse wettzumachen. Dass die Nennung eines aufregenden Kandidaten ins Auge gehen kann, hat sein damaliger Gegner, der Republikaner John McCain, erfahren müssen. Seine Vize Sarah Palin leistete sich Ausrutscher am laufenden Band und schadete McCain mehr, als sie ihm half.

Romney, der offenbar bereits in der Schlussphase der Entscheidungsfindung ist, muss sich da weniger Sorgen machen. Der gehandelte Kandidat der Gattung "aufregend" ist Publikumsliebling Marco Rubio. Der kubanischstämmige Senator würde Romneys Defizit bei Latinos und der Tea Party abdecken und in Florida punkten, das zu den "Swing-States" gezählt wird, als jenen, entscheidenden Bundesstaaten, in denen ein knappes Ergebnis erwartet wird. Gleichzeitig liefe er aber Gefahr, den als farblos geltenden Romney zu überstrahlen.

Seit Senatorin Kelly Ayotte am Nationalfeiertag, dem 4. Juli, an der Seite Romneys auftrat, ist auch sie eine heiß gehandelte Aktie im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur. Sie wäre eine sichere Wahl. Zwar ist die ehemalige Justizministerin von New Hampshire eher unbekannt, doch bringt die Katholikin eine konservative Musterfamilie mit, ebenso wie Erfahrung in Sachen Außen- und Verteidigungspolitik, die sie im Senatsausschuss für die parlamentarische Kontrolle des US-Verteidigungsministeriums sammeln durfte. Sie wäre nicht nur dazu auserkoren, die Frauen günstig zu stimmen, sondern auch die Tea Party, ist sie doch gegen Abtreibung und Homo-Ehe sowie für das Recht auf Schusswaffen.

Eine weitere sichere Wahl, die unter Analysten gehandelt wird, wäre Rob Portman. Moderat und seriös würde der ehemalige US-Handelsbeauftragte, allerdings außer dem Swing-State Ohio, für den er im Repräsentantenhaus als Abgeordneter sitzt, wenig bringen.