Sozialistin will Verfassung aus der Pinochet-Diktatur ersetzen.
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Santiago de Chile. Nach ihrem klaren Wahlsieg hat die künftige Präsidentin Chiles, die Sozialistin Michelle Bachelet, ihre Entschlossenheit zu einem umfassenden Reformprogramm unterstrichen. Bachelet, die von 2006 bis 2010 bereits einmal Präsidentin war, erhielt bei der Stichwahl am Sonntag 62,2 Prozent der Stimmen, während ihre rechte Konkurrentin Evelyn Matthei 37,8 bekam. Allerdings gingen nur 42 Prozent der über 13 Millionen Wahlberechtigten zu den Urnen.
Bachelets Reform-Eifer zielt vor allem auf die Reform des in Chile praktisch völlig privaten und deshalb teuren Bildungssystems ab. Ihr Ziel sei, dass chilenischen Familien künftig nicht mehr entscheiden müssten, welches ihrer Kinder sie studieren lassen können, weil sie sich die Ausbildung aller ihrer Kinder nicht leisten können - diese Wahlkampf-Formulierung traf den Wunsch der Wähler.
Um eine gute, kostenlose staatliche Erziehung finanzieren zu können, will Bachelet die Unternehmenssteuern von 20 auf 25 Prozent anheben. Das dritte ihrer großen Reformversprechen ist die Verabschiedung einer neuen Verfassung. Die jetzige wurde noch in der Pinochet-Diktatur geschrieben und später nur geringfügig verändert. Der Sieg Bachelets stellt einen Triumph der Mitte-Links-Mehrheit dar, die seit dem Ende der Diktatur 1990 in Chile die Politik bestimmt. 2010 gewann allerdings der Rechts-Kandidat Sebastián Piñera. Die linke Mitte hatte sich gespalten, weil sie als Bachelet-Nachfolger einen allgemein als schwach angesehenen Kandidaten aufgestellt hatte. Bachelet war damals ausgeschlossen, weil zwei aufeinander folgende Mandate in Chile verboten sind.
Piñera verpasste Chile Schlankheitskur
Unter Piñera, der unter anderen von der Pinochet-Rechten gestützt wurde, brachen 2011 die Studenten-Unruhen aus, deren Anliegen von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung unterstützt wurde: der Widerstand gegen die Kommerzialisierung aller Lebensbereiche. Zur privaten Bildung, gegen die die Studenten protestierten, kommen die weitgehend private Gesundheits- und Altersversorgung und, generell, der bis zur Anorexie verschlankte Staat. Die Staatsquote - also der Anteil des Staatsapparates am Bruttoinlandsprodukt - liegt in Chile bei 22 Prozent. In vergleichbaren Ländern sind es 43 Prozent.
Während Evelyn Matthei, Piñeras frühere Arbeitsministerin, in dieser Konstellation von vornherein auf verlorenem Posten stand, wurde Michele Bachelet, die 2010 mit außerordentlichen Beliebt-heitswerten aus dem Amt schied, zur Hoffnungsträgerin für jene, die sich Reformen wünschen. Ihre Kritiker aus dem linken Lager wenden allerdings ein, dass sie in ihrer ersten Amtszeit den Reformeifer vermissen ließ.
Sie verbesserte zwar die Altersversorgung für arme Chilenen, aber den damals schon aufbegehrenden Schülern - die unter Piñera ins Studentenalter gekommen waren - ist sie kaum entgegengekommen. Als dürftig ist auch ihr Krisenmanagement während des Erdbebens und anschließenden Tsunamis in Erinnerung, die in den letzten Wochen ihrer Amtszeit weite Teile Chiles verheerten.
Jedoch ist die Koalition, die sie im Parlament trägt, nach links gerückt. Die Christdemokraten haben an Gewicht verloren, dafür sind der Koalition erstmals die Kommunisten beigetreten. Auch bekannte Figuren der Studentenbewegung, wie etwa die der Kommunistischen Partei angehörende Protestführerin, Camila Vallejo, sind nun im Bachelet-Lager.