Pro Jahr rollen 2,2 Millionen Laster auf Österreichs Straßen. In stark frequentierten Gebieten hat der Schwerverkehr für die Bevölkerung unzumutbare Lebensbedingungen geschaffen. Nicht nur die lokalen Bürgerforen gegen Transit wehren sich, sondern mittlerweile hat sich ein Transit-Widerstand in Westösterreich auf breiter Basis gebildet. Verkehrsministerin Monika Forstinger weiß, dass sie Lösungen anbieten muss. Ein erster Schritt in Richtung Straßenentlastung wurde vorgestellt: Freie Schienentrassen werden in- und ausländischen Bahnunternehmen zur Verfügung gestellt, damit sie die Güterbeförderung von der Straße auf die Schiene "verfrachten".
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Verkehrsvermeidung ist eine Strategie, die derzeit weder in der EU noch auf nationalen Ebenen diskutiert wird. Der Verkehr hat den Charakter eines Naturgesetzes zugeschrieben bekommen. Dass der Transit über uns hereinrollen muss, daran ist scheinbar nicht zu rütteln. Doch die brisante Verkehrsproblematik erfordert Lösungen. Und so setzt man im Infrastrukturministerium nun auf Verkehrsverlagerung. Täglich könnten 154 Transitzüge zusätzlich das Schienennetz befahren. Damit wäre es möglich, bis zu 4.000 Lkw-Tonnen täglich auf die Bahn zu verfrachten. Das entspricht einer Reduktion von beinahe 1,5 Mill. Transitfahrten. Gleichzeitig gäbe es für die Infrastruktur ein Entgelt von 462 Mill. Schilling. So weit die Theorie.
Forstinger ist entschlossen, einen Teil der Transitlawine auf die Schiene zu verfrachten. Vor einem weiteren Ausbau der Infrastruktur setzt sie auf die Ausnutzung vorhandener Kapazitäten. "Es ist unverständlich, dass freie Trassen nicht schon früher durch die ÖBB oder andere Bahngesellschaften genutzt wurden", erklärte sie vor Journalisten.
ÖBB-Infrastrukturchef Helmut Hainitz läßt diesen Seitenhieb nicht auf sich sitzen: "Erst mit der Liberalisierung der europäischen Netze konnten die ÖBB aktiv werden." Und die Zusammenarbeit mit den benachbarten Staatsbahnen war wegen unterschiedlicher Interessen nicht immer von Erfolg gekrönt. Die Ministerin drängt auf eine Öffnung des Bahnnetzes für private Frächter. Hainitz signalisiert den privaten Anbietern nun auch Kooperationsbereitschaft. Ein Angebot, welches ob des drohenden Road-pricings von Wirtschaftsseite auch angenommen werden könnte - vorausgesetzt Zeitaufwand und Preis stimmen. "Wenn die Rahmenbedingungen passabel sind, werden die Unternehmer hundertprozentig hinter einem attraktiven Shuttleangebot via Schiene stehen", betont Adolf Moser, WKÖ-Vize und Vorsteher des Fachverbandes Güterbeförderung. Die Transportwirtschaft glaubt, dass der Wettbewerb durchaus günstige Auswirkungen auf das verbesserungswürdige Bahnangebot haben werde. "Heute betragen die Wartezeiten bis zu acht Stunden", moniert Transportunternehmer Karl Augustin. Der Preisunterschied für eine Fahrt von Deutschland bis Sopron betrage 1.600 Schilling. "Wenn die Abwicklung künftig rascher erfolgt, die Organisation gut ist und sich der Wettbewerb auf der Schiene auch in den Preisen niederschlägt, garantiere ich, dass kein neuer Güterwagen der Bahn leer bleibt," prophezeit Augustin. Denn auch die Frächter seien endlose Staus, lange Wartezeiten und Proteste der Anrainer leid. Das Road-pricing steht als zusätzlicher Kostenfaktor im Raum.
Derzeit stellen die ÖBB 630 Waggons für die "Rollende Landstraße" (RoLa) bereit. Bis 2002 soll sich die Zahl auf 850 erhöhen. Damit könnten dann 3.500 Lkw auf der Schiene befördert werden. Fachleute kritisieren jedoch gerade die RoLa wegen mangelnder Effizienz: Die Netto-Ladung sei im Verhältnis zu herkömmlichen Güterzügen viel zu gering und stehe in einem schlechten Verhältnis zur transportierten Last.