In Großbritannien ist eine Debatte über eine Helmpflicht beim Radfahren entbrannt. Der zuständige Staatssekretär sorgte dabei für eine Überraschung.
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Norman Baker fährt gerne Rad. Da trifft es sich gut, dass er Staatssekretär für Transportwesen im Vereinigten Königreich ist. Zu seinem Aufgabenbereich gehört somit auch "cycling", also das Radfahren.
Vor kurzem hat dieser Staatssekretär für Radfahren aufhorchen lassen. Denn in einem Radiointerview erklärte er, aus voller Überzeugung ohne Helm zu fahren. Und sorgte für einen Aufschrei von Kuratoren und Experten für Verkehrssicherheit: Er gebe ein furchtbares Beispiel für andere Radfahrer ab. Doch auch in der eigenen Regierung kommt Baker mit der Schutz-Verweigerung nicht gut an, denn diese versucht gerade das Tragen von Radhelmen zu forcieren.
"Es ist für uns sehr enttäuschend zu sehen, dass der Staatssekretär beschlossen hat, die sehr eindringlichen Beweise zu ignorieren, die zeigen, dass das Tragen von Helmen eine effektive Art ist, das Risiko von schweren Kopfverletzungen zu verringern", sagte etwa Julie Townsend, Vertreterin von Brake, einer Organisation für Verkehrssicherheit.
In Großbritannien wird das Thema Fahrradhelm gerade groß gespielt. Nach zwei schweren Unfällen mit Citybikes in London wurde sogar der Ruf laut, Bürgermeister Boris Johnson möge doch dafür sorgen, dass die öffentlichen Fahrradverleihstationen auch Helme zur Verfügung stellen.
Dabei kann Baker der Regierungslinie durchaus etwas abgewinnen, wenn sie sich für das Tragen von Helmen einsetzt - zumal, wenn es um Kinder geht. Er persönlich ziehe es allerdings vor, ohne Helm zu fahren, erklärte der 53-jährige gebürtige Schotte; das sei sein libertäres Recht. Er sehe darin auch keinen Widerspruch zu seinem Amt. "Ich bin Staatssekretär für Radfahren, nicht für Sicherheit. Ich setze ein Beispiel dadurch, dass ich Rad fahre", sagte der Liberaldemokrat in einem Interview. "Ich möchte Menschen dazu animieren, mit dem Rad zu fahren; ich will die Vorteile, die Freude und die Freiheit des Radfahrens vermitteln." Er genieße es, wenn der Wind dabei durch das Haar wehe, das ihm geblieben sei. "Wir sollten ein Freiheitsgefühl vermitteln, statt mit Einschränkungen aufzufahren." Mit Hindernissen wie einer Helmpflicht würde man Leute abschrecken, das Rad zu nehmen, was unter dem Strich ein Verlustgeschäft wäre.
Auch wenn Baker mit seiner Einstellung der Regierungslinie entgegensteht, so ist er damit doch nicht allein. Seine Probleme mit dem Helm hat auch Bürgermeister Johnson von der konservativen Partei, die mit den Liberaldemokraten die Regierungskoalition bildet. Einmal ausprobiert, setzte er ihn nie wieder auf. ("Es ist heiß und er juckt.") Und selbst Premierminister David Cameron gehört zur Gruppe begeisterter Radfahrer, die gerne barhäuptig unterwegs sind. - Nicht die schlechteste Gesellschaft, in der sich Baker befindet.