Obwohl sich die EU-Kommission durch das de facto Moratorium einen Zeitgewinn für die Erstellung verschiedener Richtlinien und Verordnungen verschaffte, ist sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene noch vieles ungelöst.
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So sei bei der Koexistenz von gentechnischer und gentechnikfreier Landwirtschaft die Frage, wie der Biobauer oder der konventionell wirtschaftende Bauer geschützt werden soll, europaweit nicht geregelt, erklärt die EU-Parlamentarierin Karin Scheele (SP). Sie ist als Berichterstatterin im Umweltausschuss des EU-Parlaments mit dem Thema Gentechnik befasst. "Deshalb ist der österreichische Staat gefordert, Haftungsregelungen zu erlassen." Scheele glaubt zwar, dass regional begrenzte GVO-freie Gebiete geschaffen werden können, ein ganzes Bundesland könne sich jedoch unmöglich als gentechnikfrei deklarieren. An die baldige EU-weite Zulassung eines neuen GVO zum Anbau glaubt Scheele nicht: "Nach meinen Informationen wird das noch länger dauern."
Der Zulassungsprozess für Nahrungsmittel hat inzwischen aber schon begonnen: So berieten vor wenigen Wochen die nationalen Experten im EU-Lebensmittelausschuss über die Genehmigung von gentechnisch verändertem Bt-11-Mais für den menschlichen Verzehr. Kommende Woche könnte hier eine richtungsweisende Entscheidung anstehen: Sollte sich bei der Abstimmung eine qualifizierte Mehrheit für die Zulassung entscheiden, wäre dies die erste Genehmigung seit fünf Jahren.
Ebenfalls noch nicht beschlossen ist die Saatgut-Verordnung: Im derzeitigen Entwurf der EU-Kommission wird je nach Sorte noch ein GVO-Anteil von 0,3 bis 0,7 Prozent als "gentechnikfrei" angesehen. Dies steht im Gegensatz zum österreichischen Saatgutgesetz, wo ab der Nachweisgrenze von 0,1 Prozent von gentechnisch verändertem Saatgut gesprochen wird. Bereits in Kraft ist die Kennzeichnungspflicht von gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln, wonach alle - auch weiterverarbeitete - Produkte mit einem GVO-Anteil von mehr als 0,9 Prozent gekennzeichnet werden müssen.
Generell drängt die Republik Österreich auf eine Verlängerung des (unter anderem von den USA heftig bekämpften) Moratoriums, bis es zu verbindlichen EU-weiten Koexistenz-Regelungen kommt. Für den (wahrscheinlichen) Fall, dass dies nicht geschieht, wurden von Landwirtschaftsminister Josef Pröll im Hinblick auf ein nationales Gesetz für die Koexistenz zwei Studien in Auftrag gegeben.Auch die Novellierung des österreichischen Gentechnik-Gesetzes ist in Ausarbeitung. Dieses sehe auch die verpflichtende Führung eines Gentechnik-Registers vor, wie es in der umzusetzenden EU-Freisetzungsrichtlinie vorgeschrieben sei, erklärte Pröll kürzlich in einer parlamentarischen Fragebeantwortung.