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Bald Mangel an Ärztenachwuchs

Von Heiner Boberski

Politik

Falls immer mehr Jungärzte in den Facharztbereich drängen, sind demnächst praktische Ärzte in Österreich rar.


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Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Reiner Brettenthaler, tritt für einen Ausbau der Lehrpraxis für Jungmediziner in Turnusausbildung ein. Laut einer IFES-Studie ist die Zufriedenheit mit dieser Ausbildung sowohl bei den angehenden als auch bei den ausbildenden Ärzten äußerst hoch. Es wird in den meisten Fällen wesentlich mehr praktische Erfahrung gesammelt als im Spital. Die Ärztekammer strebt die Einführung eines "Facharztes für Allgemeinmedizin" an. Dieser sollte wie ein Facharzt eine erweiterte, sechs Jahre umfassende Turnusausbildung machen (derzeit sind es für den praktischen Arzt nur drei Jahre), davon 18 Monate in einer Lehrpraxis (derzeit sind es sechs Monate, die auch in einer Spitalsambulanz absolviert werden können).

Auf Turnusplätze im Spital wartet man derzeit in Wien bis zu drei Jahren, in den Bundesländern eineinhalb Jahre, sagt die Wiener Turnusärzte-Sprecherin Martina Platzer. Hingegen stünden, so Peter Niedermoser, der Vorsitzende der ÖÄK-Ausbildungskommission, in Österreich 1.044 Lehrpraxen zur Verfügung, von denen bei der letzten Erhebung nur 231 genützt wurden. Für Brettenthaler wäre es "gut angelegtes Geld", würde man aus dem "Reformpool" des Gesundheitsministeriums die notwendigen 33 Mio. Euro für die Ausbildung in den Lehrpraxen zur Verfügung stellen.

Wird die Ausbildung zum Allgemeinmediziner länger, so sehen sowohl Brettenthaler als auch Platzer die Gefahr, dass dann viele Jungärzte gleich eine spezielle Facharztausbildung machen und Allgemeinpraktiker selten werden. Obwohl Brettenthaler grundsätzlich eine Beschränkung der Medizinerzahlen begrüßt und er jene Absolventen bedauert, "die jahrelang auf der Straße stehen", sind ihm strukturelle Probleme bewusst: "In allen Bundesländern gibt es wenig Bereitschaft, aufs Land zu gehen."

Er plädiert dafür, anhand der Krankheitsstatistiken nüchtern den Bedarf an Medizinern festzustellen und eine adäquate Ausbildung sicherzustellen. Ein "Hinausprüfen" von überzähligen Studenten während der ersten Semester gebe es jetzt schon. Platzer sieht einen vermehrten Bedarf an Medizinern, da sich der Gesundheitszustand der Bevölkerung ständig verschlechtere: Rauchen und Übergewicht ("Viele Kinder können keinen Purzelbaum mehr") spielen dabei eine große Rolle.