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Wir leben in einer grellbunten Welt. Vielfarbigkeit ist Trumpf. War früher vornehme Blässe erwünscht, so legt man heute Wert auf eine braun gebrannte Haut. Auch die Zeitungen stehen diesem Trend nicht länger nach, sondern prunken mit Farbbildern, die manchmal so kleinformatig ausfallen, dass sie wie Briefmarkenalben daherkommen. Bei so vielen Farben wird es einem bald zu bunt. Und so erfreut man sich zur Abwechslung dann wieder gerne an gestochen scharfen Schwarzweiß-Abbildungen. Kein Wunder, dass die Werber dieses wirksame Mittel, Aufmerksamkeit zu erheischen, längst für sich entdeckt haben: Ein Schwarzweiß-Inserat fällt in dem Meer von bunten, flimmernden, austauschbaren Belanglosigkeiten auf. Es fesselt den Betrachter durch die Klarheit seiner Konturen, die raffinierten Hell-Dunkel-Abstufungen, die nuancierte Kontrastwirkung und die Tiefenstruktur.
Beim Fernsehen ergeht es einem ähnlich. Hin und wieder ein Schwarzweiß-Film wirkt wie Balsam für die farbgestressten Augen. Letzten Donnerstag beispielsweise lohnte es sich, spät aufzubleiben. Um 0.15 Uhr brachte ZDF den Film "Goldenes Gift" (Out of the Past) aus dem Jahr 1947. Ein echter Film noir, bei dem Farbe auch heute unerwünscht wäre, handelt es sich doch um ein melancholisches Männermärchen, in dem sich eine schöne Fee (Jane Greer) letztendlich als böse Hexe herausstellt. In Jacques Tourneurs abgrundtiefem, mitternächtlichem Kriminalfilm spielten Kirk Douglas und Robert Mitchum - letzterer als einsam-verwegener Privatdetektiv - die Hauptrollen. Beim nächsten Film noir sollten auch Sie dabei sein. Er wird Ihnen gut tun.