Für die SPÖ-Frauenministerin ist Automatik kein Thema. | Wien. Justizministerin Claudia Bandion-Ortner setzt in der Familienrechts-Diskussion ein Ultimatum: Sie wünscht sich noch im Februar eine politische Einigung zu den Änderungen bei der Obsorge. Uneheliche Väter sollen nach Anerkennung der Vaterschaft künftig ein Antragsrecht auf gemeinsame Obsorge haben.
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Gleich mitverhandeln will die Justizministerin Änderungen der Regelungen bei Scheidungskindern: Der "natürliche Zustand der gemeinsamen Obsorge" solle grundsätzlich auch nach einer Scheidung aufrecht bleiben. Nur wenn das Kindeswohl gefährdet sei, solle es eine alleinige Obsorge geben, so die Pläne der Justizministerin.
Die Arbeitsgruppe zum Familienrecht werde am 28. Februar ein letztes Mal tagen, kündigte Bandion-Ortner weiters an. Noch im Februar wünsche sie sich einen Entwurf bzw. eine politische Einigung mit der SPÖ sowohl für uneheliche Kinder als auch für Scheidungskinder.
Für Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek ist ein Antragsrecht auf die gemeinsame Obsorge für Väter unehelicher Kinder, wie es auch von Bandion-Ortner angedacht wird, zwar vorstellbar, allerdings nur unter bestimmten Kriterien. "Antragsrecht ja, aber nicht ohne Wenn und Aber", so die Ressortchefin. Mit diesem würde sie sowohl den unverheirateten Vätern einen Schritt entgegenkommen als auch der Verhandlungspartnerin, zeigte sich Heinisch-Hosek überzeugt. Das Recht auf einen Antrag soll jedoch mit einigen, noch zu diskutierenden Kriterien verbunden werden.
Vorstellbar ist für sie etwa, dass die Partner eine gewisse Zeit im gleichen Haushalt gelebt haben müssen. "Der Papa muss sich als Papa bewährt haben", betonte die Ministerin. Weiterhin sprach sie sich vehement gegen eine Automatik bei der gemeinsamen Obsorge nach Scheidung aus, dies würde die Streitigkeiten nach einer Trennung nur verlagern. Darüber hinaus wäre sie durch die Möglichkeit eines Antragsrechts ohnehin "überflüssig".
Einzelfallprüfung
Eine gemeinsame Obsorge nach einer Scheidung ist in Österreich derzeit möglich, muss aber gemeinsam beantragt werden, auf Wunsch eines Elternteils kann die Regelung aufgehoben werden. Kein Verständnis zeigte die Frauenministerin für die Befürchtung des Justizressorts, wonach die Einzelfallprüfung die Familienrichter personell überlasten würde: "Diese Frage muss total nebensächlich sein, wenn alle das Beste fürs Kind wollen." Zur Entlastung der Familienrichter schlägt sie etwa den Familienrichtern vorgelagerte Stellen vor, "damit es nicht allein bei ihnen hängenbleibt". Das Antragsrecht auf gemeinsame Obsorge soll im Fall unehelicher Kinder in Verbindung mit Einzelfallprüfung und bestimmten Kriterien sowie im Scheidungsfall eventuell mit einer "Abkühlphase" von einem Jahr gelten. "So würde ich das EGMR-Urteil interpretieren", so die Frauenministerin. Laut Heinisch-Hosek habe man nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sechs Monate Zeit für einen neuen Vorschlag.
Der EGMR ist kürzlich zur Erkenntnis gekommen, dass die österreichische Rechtslage, wonach der Vater eines unehelichen Kindes nur dann die Obsorge erhält, wenn die Mutter dem zustimmt oder das Kindeswohl gefährdet ist, gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt. (APA/Red.)