Staatsanwälte ins Ministerbüro zitiert. | Beamte müssen über Fälle berichten. | Im Visier: Buwog und NS-Delikte. | Wien. Geht es nach Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, sollen der Banker Julius Meinl, Waffenlobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly sowie Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser umgehend Post vom Staatsanwalt erhalten. Grund: Seit Jahren wird gegen die Herren wegen Korruptionsverdachts ermittelt. Allerdings wurde bisher weder Anklage erhoben, noch das Verfahren eingestellt.
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"Das gehört aufgeräumt", erklärte die Politikerin am Montag in Wien und kündigte an, bei prominenten Großverfahren künftig von ihrem ministeriellen Weisungsrecht an ihre Beamten Gebrauch zu machen. "Ich muss handeln, wir sind faktisch zu langsam", erklärte Bandion-Ortner und zeigte sich optimistisch, mit dieser Initiative rasch das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz zurückzugewinnen.
Zunächst sollen daher die Fakten auf den Tisch gelegt werden: Den Anfang machte laut der Justizministerin am Montag die Oberstaatsanwaltschaft Wien. Ihr wurde demnach die klare Weisung erteilt, im Buwog-Verfahren rund um Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser spätestens "bis zum Sommer" zu einer Entscheidung zu kommen. So soll etwa im Juli feststehen, ob das Verfahren eingestellt wird oder ob Anklage erhoben wird.
Wöchentliche Berichte
Aus diesem Grund habe sie verfügt, den hauptzuständigen Staatsanwalt von allen anderen Tätigkeiten freizuspielen, damit sich dieser ausschließlich um die Causa Buwog kümmern könne, betonte Bandion-Ortner. Für ihn gilt wie auch für alle anderen Strafverfolger prominenter Fälle: Sie müssen in Zukunft an die Justizministerin wöchentliche Berichte über den Stand der Dinge übermitteln.
Die zweite Weisung, welche die Ministerin den Wiener Staatsanwälten mit auf den Weg gab, betrifft die Ermittlungen wegen Wiederbetätigung gegen die Betreiber der Neonazi-Homepage "alpendonau.info". Ähnlich wie bei der Buwog soll auch hier binnen Wochenfrist ein Bericht vorgelegt, die Frage der Anklageerhebung bis spätestens Juli geklärt sein.
Was die übrigen Großverfahren betrifft, will sich die Ministerin in den kommenden Tagen mit den betroffenen Oberstaatsanwaltschaften in Graz, Linz und Innsbruck in Verbindung setzen. Das Rad der Zeit zurückdrehen will sie auch im Eurofighter-Verfahren, dessen Einstellung zu heftigen Protesten in der Öffentlichkeit geführt hatte. "Ich habe das nicht gewusst", meinte Bandion-Ortner - und kündigte eine Überprüfung der Verfahrenseinstellung bis spätestens Mai an. "Ich habe darüber bereits mit dem zuständigen Rechtsschutzbeauftragten gesprochen", fügte sie hinzu.
"Mehr Ergebnisse"
Daran, dass manche Verfahren nur schleppend vorangetrieben würden, sei nicht die österreichische Justiz, sondern die stockende Bearbeitung von Rechtshilfeansuchen im Ausland schuld, betonte die Politikerin. Um in Zukunft langwierige Ermittlungsverfahren wie etwa gegen den Waffenlobbyisten Mensdorff-Pouilly, der in London lebt, zu beschleunigen, sollen Staatsanwälte benötigte Dokumente nicht mehr auf dem Postweg, sondern persönlich bei den betroffenen Behörden im Ausland erheben und einsehen.
Das Argument, dass alle Staatsanwaltschaften unter Personalmangel litten und daher nicht schnell genug arbeiten könnten, ließ Bandion-Ortner nur bedingt gelten. So sei etwa zuletzt die Mannschaft der Korruptionsstaatsanwaltschaft trotz allgemeiner Personalnot als einzige Behörde aufgestockt worden, erklärte die Justizministerin. Anstatt in Interviews über Personalmangel zu klagen, sollte ihr Leiter, Walter Geyer, vielmehr endlich Ergebnisse liefern, kritisierte sie.
Auf die Frage, warum sie nicht früher von ihrem Weisungsrecht Gebrauch gemacht hat, antwortete Bandion-Ortner: "Da wollte ich mich nicht einmischen."
Grüne fordern Rücktritt
Kritik an der Ankündigung Bandion-Ortners, sich unter Nutzung des Weisungsrechtes nun doch "einmischen" zu wollen, übten am Montag SPÖ und Grüne. "Die Absicht der Ministerin, wöchentlich auf brisante Verfahren Einfluss zu nehmen, ist mitnichten geeignet, das öffentliche Vertrauen in eine unabhängige Justiz zu verbessern", sagte SPÖ-Parteisekretär Günther Kräutler. "Völlige Überforderung" attestierte ihr wiederum der Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser und legte der Ressortchefin den Rücktritt nahe. Lob kam hingegen von ÖVP und BZÖ.