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Wiener Forscher erstellten Prognosen für ein enorm wichtiges Ökosystem der Erde.
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Wien. Die Bedeutung der Regenwälder steht außer Frage. Tropische Waldökosysteme bedecken zwölf Prozent der weltweiten Landfläche und sind Hauptakteure im globalen Kohlenstoff- und Wasserkreislauf. Überdies beherbergen sie mehr als die Hälfte der global vorkommenden Pflanzen und Tierarten. Der brisanten Frage, wie sich die Regenwälder im Klimawandel entwickeln, gingen Forscher der Universität Wien mit einem Prognosemodell nach, das sie jüngst im Journal "New Phytologist" veröffentlichten.
Vor dem Hintergrund, dass tropische Wälder über ein Viertel des global in pflanzlicher Biomasse aufgenommenen Kohlenstoffs speichern, entwerfen die Experten zwei Zukunftsszenarien.
Einerseits können steigende globale Durchschnittstemperaturen in Verbindung mit erhöhtem Eintrag von Nährstoffen durch menschliche Landnutzung sowie Verbrennung fossiler Brennstoffe tropische Ökosystemprozesse beschleunigen. Das würde sich negativ auf die Kohlenstoffbilanz dieser Ökosysteme auswirken.
Anderseits wäre es möglich, dass sich bestimmte Arten der Regenwaldbäume an die vorhergesagten Bedingungen anpassen und ihre Produktivitätsraten steigern. In diesem Fall könnte sich die Aufnahmerate von Kohlendioxid aus der Atmosphäre - die derzeit bei rund 60 Milliarden Tonnen pro Jahr liege - stabilisieren. Damit könnten negative Effekte ausgeglichen werden.
Für die aktuell publizierte Studie hat das Team der Wiener Ökosystemforscher die Daten aus 105 Tropenwäldern verglichen. Das daraus entwickelte Modell stellt erstmalig mechanistisch dar, wie verschiedene überregionale und lokale Umweltparameter zusammenwirken und dabei die Biomasseproduktion sowie die Kohlenstoffspeicher tropischer Waldökosysteme beeinflussen.
"Hier haben wir uns zunächst auf den Einfluss der Umweltparameter Temperatur, Niederschlagsmenge und Bodennährstoffgehalt auf die oberirdische Biomasseproduktion, insbesondere von Stammbiomasse konzentriert", erläutert Florian Hofhansl, Erstautor der Studie und Doktorand in der Forschungsgruppe von Wolfgang Wanek am Departement für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Universität Wien.
Für die von den Forschern erstellten Szenarien spielt eine Beobachtung eine große Rolle: Bergwälder produzieren weniger Biomasse als Tieflandregenwälder, die als "hochproduktiv" gelten und damit auch mehr Kohlenstoff speichern können. In den unterschiedlichen Zonen sind daher gegensätzliche Reaktionen auf den Klimawandel möglich: Wenn die Temperaturen steigen und die Trockenperioden sich verlängern, werden Bergregenwälder produktiver, während Tieflandregenwälder an Produktivität nachlassen.
Wachstumstempo ist wichtig
Dazu kommt, dass sich die tropischen Baumarten in ihren Wachstumsstrategien unterscheiden. Trockentolerante Arten wachsen langsam, um periodisch auftretende Trockenzeiten erfolgreich zu überdauern. Opportunistische Arten wachsen dagegen schneller, um ihre Nachbarn zu überholen und sich im Konkurrenzkampf um Sonnenlicht zu behaupten.
Falls die schnell wachsenden Arten überhand nehmen, werde der Klimawandel dadurch beschleunigt, prognostizieren die Wiener Forscher. Diese Entwicklung könnte "abgepuffert" werden, falls eine Verschiebung zu den bedächtig wachsenden, trockentoleranten Arten erfolgt. Denn diese Arten produzieren dichteres Holz und sind daher beim Speichern von Kohlenstoff nachhaltiger.