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Bank-Berater im Zwielicht

Von Claudia Peintner und Karl Leban

Wirtschaft

Gericht verurteilt Bank Austria: "Risiko verharmlost." | Strafanzeige von burgenländischer Unternehmergruppe führte zu Razzien. | Geldinstitut weist Vorwürfe zurück. | Wien. "Wir fühlen uns massiv fehlberaten", ärgert sich der ehemalige Bürgermeister der kleinen burgenländischen Gemeinde Zurndorf. Es war bei einer Präsentation im Gemeinderat 2004, als ihm Mitarbeiter der Bank Austria angeblich eine "todsichere Sache" verkauften: Mit riskanten Devisenoptionsgeschäften - es handelte sich um Wetten auf die Wechselkursentwicklung von Dollar oder Schweizer Franken - sei der Kredit quasi zinslos, hätten die Wertpapierberater versprochen.


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Auf die Frage nach Risiken habe man die Antwort bekommen: "Schlimmstenfalls machen Sie keine Gewinne."

Das Geschäft warf zunächst Erträge ab und drehte dann ins Minus. Für den 2000-Einwohner-Ort entstand ein Schaden von rund 30.000 Euro. Es folgte der Weg zum Wiener Handelsgericht, wo mittlerweile dutzende Klagen gegen die Bank anhängig sind. "In vielen Fällen gibt es Überschneidungen, die Methodik war die selbe", sagt Lukas Aigner von der Wiener Rechtsanwaltskanzlei Kraft & Winternitz, die rund 130 Geschädigte vertritt. Der Gesamtschaden liege bei mehr als 50 Mio. Euro. Die Vorwürfe richteten sich gegen ein "paar zentrale Figuren im Bereich Treasury".

Übliche Verdächtige

Der Kreis der betroffenen Anleger umfasst Gemeinden, Abwasserverbände, Unternehmer, aber auch zahlreiche Privatanleger. Die Schwerpunkte liegen im Raum Burgenland und in Niederösterreich, im Einflusskreis der Filialen Oberwart und Sankt Pölten. Gegen zwei Mitarbeiter hat die Staatsanwaltschaft Eisenstadt wegen Betrugsverdachts ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Causa kam durch eine Strafanzeige der Kanzlei Kraft & Winternitz ins Rollen, die diese bereits vergangenen Sommer eingebracht hatte - angeblich im Auftrag einer burgenländischen Unternehmergruppe, die mit Devisenoptionsgeschäften hohe Verluste erlitten hatte.

In der Strafanzeige ist von Täuschungen beziehungsweise unterlassenen Verlusthinweisen sowie Verschleierungen die Rede. Die Berater hätten Abschlusshonorare kassiert, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Der mutmaßliche Schaden allein in diesem Fall bewege sich in Millionenhöhe.

Für alle Involvierten gilt die Unschuldsvermutung.

"Nicht nachvollziehbar"

Nach Razzien in den Niederlassungen Eisenstadt, Oberwart, Sankt Pölten sowie in der Wertpapierzentrale am Wiener Julius-Tandler-Platz und in Privatwohnungen hat die Bank Austria die beiden Mitarbeiter vom Dienst frei gestellt.

Jegliche Anschuldigungen weist man von sich: In der Strafanzeige sieht das Institut "ein Manöver, um den Leidensdruck für die Bank zu erhöhen", wie es ein Sprecher gegenüber der "Wiener Zeitung" formuliert. Der darin erhobene Vorwurf des schweren gewerbsmäßigen Betruges sei nicht nachvollziehbar. "Bisher haben wir keine Akteneinsicht bekommen", so der Sprecher.

Die bei den Durchsuchungen gesicherten Akten und Computerdateien liegen teils schon bei Gericht, teils noch in den Filialen. Weil in den Unterlagen auch viele Kundendaten enthalten sind, die mit dem Fall nichts zu tun hätten, habe die Bank die Versiegelung beantragt. Der Grund: Wahrung des Bankgeheimnisses.

Die Vorgangsweise der Justiz sei "unverhältnismäßig", kommentiert die Bank Austria die Durchführung der jüngsten Razzien. Daher prüfe sie auch rechtliche Schritte gegen diese Erhebungsmethoden.

Bank verlor Prozess

Dabei musste die Bank Austria Anfang Juni einen Rückschlag hinnehmen: Das Oberlandesgericht Wien verurteilte das Institut im Zusammenhang mit Dollar-Devisenoptionsgeschäften in zweiter Instanz. Ein niederösterreichisches Unternehmen hatte eine Schadenersatzsumme von rund 260.000 Euro eingeklagt.

"Die Oberrichter kamen zum Schluss, dass das Produkt vorgestellt und erklärt, aber das Risiko verharmlost und auf das unbegrenzte Verlustrisiko nicht hingewiesen wurde", erklärt Aigner. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Es handle sich um eine Einzelentscheidung, nicht um einen Musterfall, betont die Bank Austria. Und: "Wir prüfen, in die Revision beim OGH zu gehen." Es spreche einiges dafür. Unter anderem habe die zweite Instanz beim Schaden die Gewinne und Verluste nicht gegengerechnet.

Siehe auchStadt Hartberg klagt Bank Austria