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Banken brauchen wieder Milliarden

Von Karl Leban

Wirtschaft

Acht Institute fielen bei Stresstests durch, darunter auch Volksbanken-AG. | Raiffeisen und Erste Group schneiden gut ab. | Bank Austria rettet der italienischen Mutter Unicredit das Ergebnis.


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London/Wien. Nach dem großen Banken-Stresstest in Europa steht fest: Mehrere Banken, vor allem aus der zweiten und dritten Reihe, haben nicht genug Eigenkapital, um im Fall einer scharfen Krise unbeschadet über die Runden zu kommen. Um als wirklich gesund gelten zu können, müssen sie ihren Kapitalpolster auffüllen – entweder über den Markt oder notfalls mit staatlicher Hilfe. In Summe geht es dabei um 2,5 Milliarden Euro, wie die Europäische Bankenaufsicht EBA Freitagabend bei der Veröffentlichung der Testergebnisse bekanntgab.

Von den insgesamt 90 unter die Lupe genommenen Geldhäusern, die in Europa 60 Prozent des Bankenmarktes abdecken, haben 82 Banken den Test bestanden – davon 16 nur knapp (diese Institute werden jetzt unter schärfere Aufsicht gestellt). Acht Banken sind hingegen durchgefallen, darunter gleich fünf aus Spanien, zwei aus Griechenland und – wenig schmeichelhaft – eine aus Österreich, die Volksbanken-AG (ÖVAG).
Im Zuge des Tests durften die "Prüflinge" beim harten Kernkapital unter Schock-Szenarien nicht unter die 5-Prozent-Marke fallen. Die ÖVAG hat den Zielwert hier mit 4,5 Prozent klar verfehlt. Die beiden anderen österreichischen Test-Teilnehmer, die Erste Group und die Raiffeisen Bank International (RBI), haben mit Werten von 8,1 bzw. 7,8 Prozent jedoch gut abgeschnitten. Sie sind im vorderen Mittelfeld gelandet. "Unser Geschäftsmodell zeigt, dass wir krisenresistent sind", sagte RBI-Boss Herbert Stepic. Sein Chef-Kollege von der Ersten, Andreas Treichl, äußerte sich ähnlich: "Der Stresstest bestätigt unsere solide Kapitalausstattung."
Trotz ÖVAG sieht Nationalbank-Chef Ewald Nowotny seine Erwartungen als nationaler Bankenaufseher bestätigt: "Österreichs Bankensektor ist generell krisenfest." Den überregionalen Test für die Banken verglich er am Freitag mit einem "Belastungs-EKG".

Die Ergebnisse der Bank Austria wurden nicht gesondert ausgewiesen, sie sind in das Ergebnis der italienischen Mutter Unicredit eingeflossen. Diese hat den Test mit einem Wert von 6,7 Prozent zwar bestanden, – ohne die relativ stark kapitalisierte Bank Austria wäre es für sie dem Vernehmen nach aber eng geworden.

150 Millionen Euro zu wenig

Bei der ÖVAG, die noch mitten in Umbauarbeiten steckt, war man vor der "Zeugnisverteilung" bereits auf ein unerfreuliches Ergebnis vorbereitet. Die staatlich massiv gestützte Bank hatte zuletzt selbst eingeräumt, dass der Test für sie einige Monate zu früh gekommen sei. Letztlich fehlten ihr 150 Millionen Euro auf zumindest 5 Prozent.

Wie ÖVAG-Chef Gerald Wenzel betonte, seien allerdings schon kapitalstärkende Maßnahmen eingeleitet – so etwa der Verkauf der Ostbanken-Sparte an die Sberbank (siehe Artikel rechts unten) und der Verkauf des 6-Prozent-Anteils an der Raiffeisen Zentralbank. Damit käme die Bank dann auch unter "Stress" wieder über die kritische Schwelle und sogar in Richtung europäisches Mittelfeld. Das private Partizipationskapital wurde im Test ebenfalls nicht berücksichtigt. Um als hartes Kernkapital zu gelten, müsste es in Stammaktien umgewandelt werden. Das aber, so ist zu hören, könnte die 62 regionalen Volksbanken, die Haupteigentümer der ÖVAG, wegen der Verschiebung ihrer jeweiligen Stimmrechte noch vor Probleme stellen.

Sollte es der ÖVAG, die in der Finanzkrise in gefährliche Schieflage geraten war, nicht möglich sein, einen glaubwürdigen Kapitalisierungsplan wie von der EBA verlangt bis Jahresende vorzulegen, wäre der Bund bereit, helfend einzuspringen. Bis zu sechs Milliarden Euro stünden aus dem Bankenhilfspaket noch zur Verfügung, sagte Finanzministerin Maria Fekter. In anderen EU-Ländern halten die Regierungen ebenfalls Notfallpläne vor.
Nochmals zurück zum Test: Für ihn die EBA Schock-Szenarien wie einen Konjunktureinbruch und Turbulenzen an den Finanzmärkten simuliert. Die Kriterien waren diesmal schärfer als bei der vorherigen großen Runde 2010.
Beim ersten Krisenszenario erstreckte sich die negative Annahme über zwei Jahre. Sie unterstellte, dass die Wirtschaft in den 17 Euro-Ländern 2011 um 0,5 Prozent und 2012 um 0,2 Prozent schrumpft, Aktien um 15 Prozent einbrechen, die Banken für frisches Geld 1,25 Prozent mehr Zinsen zahlen müssen und die Immobilien-Märkte darnieder liegen. Weitere Annahmen: Die Arbeitslosigkeit steigt auf 10,3 Prozent, auf globaler Ebene geht von den USA ein Schock aus, der Dollar verliert nominell vier Prozent an Wert. Und: Deutsche Staatsanleihen, welche die Banken in ihren Handelsbüchern haben, büßen 3,5 Prozent an Wert ein, griechische 13,1 Prozent und portugiesische 19,8 Prozent.

Konjunktureinbruch simuliert Beim ihrem zweiten – viel härteren – Krisenszenario simulierte die EBA die Folgen eines Wachstumseinbruchs im Euroraum über zwei Jahre von insgesamt vier Prozent. Gleichzeitig wurde ein scharfer Anstieg des Leitzinses angenommen – was in einer Rezession sehr ungewöhnlich ist, weil die Zentralbank dann im Regelfall die Zinsen senkt, damit günstige Kredite Investitionen und Konsum ankurbeln. Das Bestehen des Tests entschied sich am Abschneiden im zweiten Szenario.
Aus politischer Rücksichtnahme hatte die EBA zunächst darauf verzichtet, die Pleite eines Eurolandes zu simulieren. Es gab heftige Kritik. Daher wurde die schlechtere Kreditwürdigkeit Griechenlands – als Folge der Herabstufung durch die Ratingagenturen – später dann doch noch berücksichtigt.