Volksbanken tüfteln an Konsolidierung des gesamten Sektors.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Die Erste Bank hat am Montag für einen Knalleffekt gesorgt, indem vorhandene Risiken in Höhe von 1,8 Milliarden Euro abgeschrieben wurden. Damit ist die europäische Bankenkrise endgültig in Österreich angekommen, und die Erste wird in diesem Zusammenhang nicht die Letzte gewesen sein.
Den heimischen Banken fehlen dem Vernehmen nach aktuell vier Milliarden Euro Eigenkapital, so Insider zur "Wiener Zeitung". Denn im Rahmen der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) wird derzeit ein Blitztest durchgeführt, nachdem der Internationale Währungsfonds eine Rekapitalisierung der europäischen Banken gefordert hatte.
Die vier Milliarden Euro verteilen sich im Wesentlichen auf die bekannten Sorgenkinder Hypo Alpe Adria und Volksbank. Nachdem in mehreren Bankbilanzen Finanz-Leichen im Keller liegen, gehen nun auch die Wirtschaftsprüfer härter vor.
Im Volksbanken-Sektor wird derzeit - so ist informell zu hören - eine Konsolidierung des gesamten Sektors gerechnet und verhandelt. Mit Einbindung der 62 einzelnen Volksbanken würde es der Volksbank AG leichter fallen, die Krise zu meistern. Die Volksbank hat eine Milliarde Euro an Staatshilfe erhalten und wird entgegen den Vereinbarungen die erste Tranche von 300 Millionen Euro heuer nicht zurückzahlen.
<br style="font-weight: bold;" />
Problem Investkredit
Das würde die Republik in die Lage versetzen, die Bank zu verstaatlichen. Davon wollen aber weder Bundeskanzleramt noch Finanzministerium etwas wissen. Auf der anderen Seite kommen auf alle Banken - also auch die Volksbank - Abschreibungen von Staatsanleihen zu. Die Volksbank AG wird darüber hinaus - so ist in Bankkreisen zu erfahren - aus den Geschäften der mittlerweile fusionierten Tochter Investkredit Ausfälle haben.
In Finanzministerium, Notenbank, Bundeskanzleramt und Finanzmarktaufsicht wird derzeit fieberhaft getüftelt, wie man am besten mit der Situation umgeht. Finanzministerin Maria Fekter erklärte am Dienstag, aus dem bestehenden Rettungspaket für die Banken seien sechs Milliarden Euro nicht abgerufen worden. Das sei mehr als genug, beruhigte die Ministerin.
Im Umkehrschluss bedeutet dies aber - so Finanzexperten, die sich in der jetzigen Situation allerdings nicht zitieren lassen wollten -, dass heimische Banken eine zweite Runde an Staatshilfe benötigen könnten.
<br style="font-weight: bold;" />
"Jahre verschlafen"
<br style="font-weight: bold;" />
Dies hat Erste-Bank-Chef Andreas Treichl zwar für sein Institut ausgeschlossen, allerdings mit dem Zusatz "nach derzeitigem Stand". Da sich die wirtschaftlichen Parameter aber laufend verschlechtern, drohen den Banken zusätzliche Kreditausfälle.
Wie sich die vier Milliarden Euro Kapitalbedarf aufteilen, ist der "Wiener Zeitung" nicht bekannt. Der Aufsichtsrat der Banken-Staatsholding Fimbag, Hannes Androsch, wollte dazu nicht Stellung nehmen. Er sagte bloß, dass Österreich dabei "drei Jahre verschlafen" habe und eine Konsolidierung im heimischen Bankensektor dringend erforderlich sei. Wobei die Verstaatlichung einer Bank tatsächlich nur die zweitbeste Lösung darzustellen scheint. Ein Manager der verstaatlichten Hypo Alpe Adria klagte, dass auf Eigentümerseite kaum Ansprechpartner zu finden seien. Dies sei in derart heiklen Situationen immer wieder ein Problem.
Politische Hartleibigkeit gibt es übrigens auch bei den Kunden. Die Hypo Alpe Adria beispielsweise habe kaum Spareinlagen von Privaten verloren, ist zu hören. In Polit-Krisen heißt es, dass Erste-Chef Treichl deshalb diesen Montag für seine Präsentation des Grauens gewählt hat, weil eben auch andere Banken mit hohen Abschreibungen daherkommen werden. Die Erste wollte sich dem Vernehmen nach nicht in die Situation begeben, auf Druck der Umstände etwas zu veröffentlichen, was dann wie ein spätes Geständnis wirken würde. "Wir haben überlegt, es zum Quartalsende zu sagen", räumt ein Sprecher der Bank ein. "Aber sobald wir kursrelevante Informationen haben, müssen wir eine Adhoc-Meldung an der Börse absetzen. Und am Sonntag wurden diese Zahlen intern auf den Tisch gelegt."
<br style="font-weight: bold;" />
Abschreibungen in Ungarn
Auch Raiffeisen Bank International räumte ein, dass es in Ungarn zu größeren Abschreibungen kommen werde. Raiffeisen hält es übrigens seit Wochen - natürlich intern - für möglich, das Ende 2012 auslaufende Staatskapital länger in Anspruch zu nehmen. Das würde bedeuten, statt der jetzigen 8 insgesamt 9,3 Prozent Zinsen dafür zu bezahlen.
Bei der Volksbank steht dagegen etwas anderes auf dem Plan: Die Konsolidierung wird es notwendig machen, einen völlig neuen Restrukturierungsplan für die Bank nach Brüssel zu schicken. Der wird dort schon ungeduldig erwartet, denn der bestehende wurde als nicht besonders glaubwürdig eingestuft. Staatskapital für Banken wird bei der EU als Beihilfe qualifiziert und muss auf seine Auswirkungen auf den Wettbewerb geprüft werden.
Anders ist die Situation bei der Bank Austria. Die Bank steht kapitalmäßig gut da, besser jedenfalls als ihre Mutter, die italienische Unicredit. Daher gibt es seit Wochen Gerüchte, die Bank Austria könnte von der Unicredit teilverkauft werden. "Banken erzielen derzeit keine Preise", winkt ein Investmentbanker ab.