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Banken greifen auf Staatshilfen zu

Von Michael Ortner und Marina Delcheva

Wirtschaft
Corona-bedingt haben viele Unternehmen Probleme, ihre Rechnungen, Kredite und Fixkosten zu bezahlen.
© adobe.stock/Jana Salodkaja

Kreditinstitute behielten in einzelnen Fällen Fixkostenzuschüsse und fürchten Kreditausfälle, trotz staatlicher Garantien.


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Für Markus H. (Name von der Redaktion geändert) war der staatlich garantierte Überbrückungskredit die Rettung. H. führt ein Unternehmen in der Veranstaltungsbranche in Niederösterreich. Die Corona-Krise hat ihn schwer getroffen, sein Umsatz brach komplett ein. 13.000 Euro zahlt er jeden Monat allein für die Miete seines 2500 Quadratmeter großen Lagers.

Er suchte bei der Bank um einen Kredit um 400.000 Euro an. Damit würde er bis zum Jänner 2021 über die Runden kommen. Die Besonderheit bei staatlich garantierten Krediten: Der Staat bürgt bei der Bank für den Kredit. Kann ein Unternehmen das Geld nicht zurückzahlen, springt der Staat ein.

Die Bank gewährte ihm jedoch nur die Hälfte. Anfang Juni bekommt er die Kreditzusage. Erst später bemerkte er, dass der Vertrag eine Klausel enthält. "Wir weisen darauf hin, dass allfällig gewährte Fixkostenzuschüsse zur vorzeitigen Rückführung dieser Finanzierung zu verwenden sind." Im Nachhinein blieb Markus H. keine andere Wahl: "Entweder ich unterschreibe den Kredit oder ich sperre zu." Nun wartet er auf die Zusage des Fixkostenzuschusses. Wie viel davon in die Tilgung des Kredits fließt, weiß der Unternehmer nicht. Seine Bank hat er noch nicht darauf angesprochen.

Solche Zusatzklauseln sind nicht die übliche Praxis bei der Gewährung von Krediten, schon gar nicht von staatlich besicherten. Ein Einzelfall ist es aber auch nicht. "Einige Unternehmer haben uns berichtet, dass in verschiedenen Klauseln explizit festgehalten wird, dass Mittel aus dem Fixkostenzuschuss behalten werden", erzählt Markus Gratzer, Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), der "Wiener Zeitung".

Kredit oder Stromrechnung?

Über das Vorgehen der Banken zeigen sich die Unternehmen verärgert. Denn der Fixkostenzuschuss ist für Mieten, Leasingraten und Kosten für Strom und Gas kleinerer und mittlerer Unternehmen vorgesehen. Die staatlichen Gelder sollen die Liquidität der Unternehmen sicherstellen - mit dem Vorteil, dass sie die Gelder nicht an den Staat zurückzahlen müssen. Wie viel Fixkostenzuschuss ein Unternehmen bekommt, hängt vom Umsatzausfall ab. Entgehen dem Unternehmen 60 bis 80 Prozent des Umsatzes, bekommt es 50 Prozent der Fixkosten als Zuschuss. Maximal gibt es 75 Prozent.

Dürfen Banken also die Gelder aus Fixkostenzuschüssen zur Tilgung von bestehenden Krediten verwenden? Die Antwort aus dem Finanzministerium ist eindeutig: "Das ist nicht korrekt und wurde ausdrücklich in den Richtlinien des Fixkostenzuschusses ausgeschlossen", heißt es. Mitte Juni wurde der Fixkostenzuschuss gestartet. Bis heute wurden 245 Millionen Euro ausbezahlt. Laut Ministerium gibt es 33.200 ausbezahlte Anträge von Unternehmen.

Dass solche Klauseln trotzdem in die Kreditverträge für die Überbrückungshilfen gewandert sind, hat aber aufsichtsrechtliche Gründe. In der ursprünglichen Verordnung des Wirtschaftsministeriums, in der die staatlichen Garantien geregelt sind, war vorgesehen, dass der Fixkostenzuschuss für die Kredittilgung herhalten soll. Das wurde später geändert. Jetzt soll das Geld in den Systemerhalt, sprich Mieten, Energie-, Personalkosten fließen. "Die Kreditprüfung erfolgt immer individuell. Wir haben uns immer an die geltenden Richtlinien gehalten", sagt ein Sprecher der Erste Bank Österreich.

Seit Mitte März haben heimische Banken Kredite im Umfang von 57 Milliarden Euro vergeben, erklärt Franz Rudorfer, Obmann der Bundessparte Banken und Versicherungen in der Wirtschaftskammer (WKO). "Die Banken haben verstanden, wie wichtig sie für die Sicherstellung von Liquidität sind", sagt er. "Sie greifen nur darauf zu (auf den Fixkostenzuschuss, Anm.), wenn es wirklich notwendig ist und nicht anders geht."

Angst vor Kreditausfällen.

Dank staatlicher Ausfallshaftung sollte es eigentlich anders gehen. Denn der Überbrückungskredit ist mittlerweile zu 100 Prozent staatlich besichert. Wenn der Unternehmer ihn nicht tilgen kann, springt der Staat mit Steuergeld ein. Ganz so einfach ist das aber nicht, heißt es aus der Branche. Die Kredite sind zwar staatlich besichert, die Kreditprüfung und Vertragserstellung ist Aufgabe der Bank. Diese muss sich auch in diesem Fall an regulatorische Vorgaben halten und soll niemandem Kredite gewähren, der auch ohne Corona nicht kreditwürdig wäre.

Die Banken fürchten, dass, sollte es zu Ausfällen kommen, der Staat doch nicht einspringt. Und zwar mit dem Argument, dass das betroffene Unternehmen erst gar nicht kreditwürdig sei und der Kredit nie hätte ausbezahlt werden dürfen. In diesem Fall würde die Bank auf den Kosten sitzen bleiben. Laut staatlicher Förderbank austria wirtschaft service gibt es "einige wenige" Fälle, in denen die staatliche Haftung bereits schlagend wurde. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die Insolvenz angemeldet haben. Aktuell haftet der Staat im Umfang von 6,64 Milliarden Euro für Überbrückungskredite. Die meisten müssen ab Jänner zurückgezahlt werden und haben eine Laufzeit von drei bis fünf Jahren.