Es droht ein Untergang Hand in Hand - Fekter: Österreichs Bankenpaket reicht.
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Wien. Die Europäische Zentralbank hat am Donnerstag ihre Hausaufgaben erledigt: Sie stellt den Banken so viel billiges Geld zur Verfügung, wie sie benötigen. Damit ist sichergestellt, dass kein europäisches Institut den "schnellen Bankentod" stirbt und aus Mangel an Liquidität austrocknet. Diese Gefahr war nicht mehr hypothetisch: In Belgien hatten verunsicherte Anleger bereits Spareinlagen bei Dexia abgezogen. Kein Zweifel: Europa ist im Herbst 2011 wieder in einer Finanzkrise ähnlich 2008 gelandet.
Kann es erneut so schlimm werden? Damals war in der Folge die Weltwirtschaft in die Große Rezession gestürzt. Es gibt Anzeichen, die Ähnliches befürchten lassen, aber auch große Unterschiede: Im Herbst 2008 waren nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers alle Banken in Schockstarre verfallen. Sie stellten schlagartig die Geschäfte miteinander ein - aus Angst, der Partner könnte umfallen und das Geld verloren sein.
Jetzt gibt es ähnliche Sorgen. Die Institute parken, um ganz sicher zu gehen, so viel Geld bei der EZB wie seit Jahren nicht. Anders als 2008, als die faulen Papiere undurchsichtige US-Hypothekenbündel waren, liegen die Risiken heute großteils auf dem Tisch: Es ist bekannt, wie viele Staatsschuldpapiere in den Bankbilanzen schlummern. Ungewiss ist aber die Pleitengefahr, die von unregulierten Kreditausfallversicherungen ausgeht.
Einst sicher, jetzt spekulativ
Die Politik hat großen Anteil an der aktuellen Krise. Viele Regierungen haben sich nicht an den Euro-Stabilitätspakt gehalten und zu viele Schulden gemacht. Dadurch sind Staatsanleihen überhaupt erst zum Risiko geworden.
Anders als 2008 haben sich die Probleme der Eurozone von langer Hand abgezeichnet. Dennoch haben die Politiker bis heute keine schlüssige Krisenstrategie. Ihre Aufgabe wäre es gewesen, Länder, die zu groß sind, um sie zu retten - Italien und Spanien -, vor einer Ansteckung zu schützen.
Das Gegenteil war der Fall: Diese Länder kamen so richtig unter Beschuss, als Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy lautstark verlangten, dass die Banken bei ihren Forderungen gegenüber Griechenland einen Schuldenschnitt ("Haircut") akzeptieren müssen. Jetzt stellt sich heraus, dass die vereinbarte Lösung Griechenland nicht hilft, der geplante größere Schuldenschnitt viele Banken aber überfordert.
Einen 50-Prozent-Haircut könnten etliche Banken wohl nicht ohne Staatshilfe verkraften, sagte Martin Grüll, Finanzvorstand der Raiffeisen Bank International, zum "Börse-Express". Sie müssten staatlich gestützt werden; der Steuerzahler käme erst recht zum Handkuss. Ginge eine Großbank pleite, würde das andere mitreißen: ein Finanz-Super-GAU.
Sind die Banken schuld, die sich verspekuliert haben? Diesmal nicht. Anders als 2008 haben heute jene Banken ein Problem, die auf eine Anlageklasse gesetzt haben, die jahrzehntelang als Maß für Sicherheit galt: Staatsanleihen. Es war politisch gewünscht sowie von Aufsichts- und Bilanzregeln begünstigt, dass Banken den Staaten Kredit geben.
Freilich hätte es nie so weit kommen dürfen, dass italienische Anleihen als Risiko gelten. Einzelne Rieseninstitute wie die Deutsche Bank haben heute kaum noch Euro-Staatsanleihen in den Büchern, andere hingegen ein gewaltiges Problem. Was für den Einzelnen vernünftig sein mag, kann nämlich für alle zusammen im Fiasko enden. Jene Institute, die vermeintlich vernünftig agiert haben, haben die Euro-Krise massiv verschärft: Durch die Risikoflucht sind nicht nur die Länder unter dem Rettungsschirm - also Griechenland, Irland, Portugal -, sondern sogar Italien und Spanien von Ansteckung bedroht. Diese Länder sind aber nicht nur zu groß für jeden Rettungsschirm: Ein Ausfall italienischer oder spanischer Papiere ließe Europas gesamte Bankenlandschaft kippen. Prompt kam Freitagabend der nächste Warnschuss: Die Ratingagentur Fitch stufte die Bonität Italiens und - etwas überraschend - auch die Spaniens ab.
Ratings geraten unter Druck
Schon die griechischen Staatsanleihen sorgen für genug Nervenkitzel. Dort sind neben Dexia die französischen Banken BNP Paribas und Société Générale und die deutsche Commerzbank besonders stark engagiert.
Statt einander den Schwarzen Peter zuzuschieben, sollten Regierungen und Banken endlich einsehen, dass sie im selben Boot sitzen. Nur gemeinsam können sie sich retten - oder untergehen. Das zeigt die trudelnde Bank Dexia, wo Belgien und Frankreich streiten, wer welchen Teil der Sanierungskosten trägt - denn die teure Bankenhilfe könnte ihre Bonität gefährden. Darunter würden Geldhäuser noch stärker leiden, deren Rating vom Heimatstaat abhängt. Und es würde bei Frankreich den Euro-Hilfsfonds EFSF treffen, dessen günstige Refinanzierung wieder von französischen Garantien abhängt - ein Teufelskreis.
In Österreich gebe es derzeit keinen Bedarf an zusätzlichen Maßnahmen, sagt das Finanzministerium. Von 15 Milliarden Euro des Bankenpakets stünden noch 6 Milliarden Euro für weitere Kapitalspritzen bereit. Österreichs Banken haben keine hohen Forderungen in Griechenland, wären aber indirekt in Osteuropa betroffen.