Zum Hauptinhalt springen

Bankenhilfstopf für Hypo zu klein?

Von Karl Leban

Wirtschaft

Die Regierung sieht sich gezwungen, den derzeit so gut wie ausgeschöpften Rahmen auf 22 Milliarden Euro zu erweitern.


Wien. Alles in allem hat der österreichische Steuerzahler bisher 5,5 Milliarden Euro an Finanzhilfen in die Problembank Hypo Alpe Adria gesteckt. Laut dem EU-Beihilfenbescheid vom Vorjahr darf die Republik ihrem maroden Institut noch 3,6 Milliarden Euro an Kapital und 3,3 Milliarden Euro an Liquidität zuschießen. Das Bankenhilfspaket ist mittlerweile aber wegen Hypo, ÖVAG und Co. so gut wie ausgeschöpft. Deshalb wird es nun im Rahmen des Finanzmarktstabilitätsgesetzes (Finstag) vorsorglich um sieben Milliarden auf 22 Milliarden Euro erweitert. Darauf hat sich der Ministerrat am Mittwoch verständigt.

Notwendig ist die Novellierung des Finstag aber auch wegen der geplanten Umwandlung der Hypo von einer Bank zu einer Sondergesellschaft zum Abbau von Altlasten (rund 17 Milliarden Euro). Denn bisher war das Finstag nur auf echte Banken anwendbar. Die künftige Verwertungsgesellschaft hat aber keine Banklizenz. Damit unterliegt sie nicht den strengen Kapitalvorgaben für Banken, was den Leidensdruck der Steuerzahler beim weiteren Abbau mindern soll. Für die Verwertungsgesellschaft, die ab November unter einer Holding im Finanzministerium losstarten soll, hat der Ministerrat am Mittwoch mit einem eigenen Gesetz zur Hypo die Weichen gestellt.

Regierung rechnet mit Klagen

Das Hypo-Gesetz muss jetzt nur noch vom Parlament beschlossen werden - laut Finanzministerium wird das voraussichtlich am 8. Juli sein - und soll Mitte August in Kraft treten. Als besonders heikler Punkt gilt dabei ein Schuldenschnitt. Demnach sollen jene privaten Gläubiger, die nachrangige Anleihen halten, um ihr Geld umfallen. Sie sollen de facto enteignet werden, indem sie auf Forderungen in Gesamthöhe von 890 Millionen Euro verzichten.

Dass die Hypo-Nachranggläubiger, die in der Vergangenheit mit relativ hohen Zinsen bedient wurden, nun an den Kosten für die Abwicklung beteiligt werden, obwohl sie für ihre Papiere eine Haftungszusage des Landes Kärnten haben, ist laut Finanzminister Michael Spindelegger als "singulärer Fall" zu sehen. Dieser Schritt bedeute nicht, dass der Bund nicht zu seinen Verpflichtungen stehe.

Die US-Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) schätzt das jedoch anders ein, sie hat Dienstagabend bereits die Daumen über andere heimische Banken gesenkt - mit einem negativen Ausblick für deren Bonität. S&P unterstellt dabei, dass die Republik Österreich womöglich nicht mehr zu ihren Verpflichtungen stehen könnte.

Klagen der Nachranggläubiger nimmt die Regierung fix in Kauf. Spindelegger ist aber davon überzeugt, dass das Hypo-Gesetz auch hier "wasserdicht" ist.

Dass Österreich ein Reputationsproblem bei den Ratingagenturen bekommen könnte, glaubt Spindelegger nicht. Denn schließlich sei ja die Entscheidung zur Gläubigerbeteiligung nicht überraschend gekommen. "Angekündigt war sie seit 14. März", betonte der Finanzminister.

Wer aller nachrangig gestellte Hypo-Anleihen hält, ist unklar. Jedenfalls sind darunter auch österreichische Versicherer wie Uniqa und Vienna Insurance Group. Die Raiffeisen-Beteiligung Uniqa ist nach eigenen Angaben mit zirka 35 Millionen Euro betroffen. Sie hat am Mittwoch bereits wissen lassen, dass sie rechtliche Schritte prüfe. Bei der Vienna Insurance Group, die eigenen Angaben zufolge mit rund 50 Millionen Euro betroffen ist, hieß es: "Wir werden alle unsere Rechte wahren."

BayernLB in Rage

Das Hypo-Gesetz nimmt daneben aber auch die Bayerische Landesbank (BayernLB) als Alteigentümerin in die Pflicht. Wobei es um 800 Millionen Euro geht, die als Beitrag zur Hypo-Abwicklung geleistet werden sollen. Spindelegger strebt dennoch wie bisher einen Generalvergleich mit den Bayern an (gerichtsanhängig ist vor allem der Streit, ob jene 2,3 Milliarden Euro, die die BayernLB noch in der Hypo hat, ein zurückzuzahlender Kredit oder Eigenkapital ist). Mit dem Passus im geplanten Gesetz will Spindelegger nun offenbar ein Druckmittel haben.

Die Bayern reagierten am Mittwoch mehr als sauer darauf, sie "mit einem rückwirkenden Einzelfallgesetz zu enteignen". Die 800 Millionen Euro, die sie in die Hypo einbrachten, nachdem Österreich der Bank Ende 2008 mit Partizipationskapital unter die Arme gegriffen hatte, sollen einbehalten bleiben. Alle anderen "vergleichbaren" Gläubiger würden aber weiterbedient, wundert man sich in München. In einem Schreiben, aus dem die APA zitiert, kündigte die BayernLB "notwendige rechtliche Schritte" an.

Auch Kärnten, seine Landesholding und die Grazer Wechselseitige (Grawe) sollen als Alteigentümer so wie die BayernLB Gelder in der Hypo belassen - Kärnten 9,4 Millionen Euro, die Holding 45,8 Millionen und die Grawe 9,2 Millionen Euro. Was das Land Kärnten betrifft, so ist dies nur ein vorläufiger Betrag. Denn die Zielgröße von insgesamt 500 Millionen Euro als sein Beitrag an den Hypo-Abbaukosten bleibe aufrecht, sagt Spindelegger. Kärntens Beitrag ist im geplanten Gesetz anders als zunächst angedroht nicht erfasst. Mit einer Einigung darüber - derzeit wird mit Landeschef Peter Kaiser verhandelt - rechnet Spindelegger im Herbst.

Von der Hypo bleibt der Republik vorerst noch das Balkannetzwerk, das nach den Vorgaben der EU bis Mitte 2015 verkauft sein muss. Spindelegger hofft auf einen Abschluss noch im heurigen Jahr. "Wir sind mitten im Verkaufsprozess", so der Finanzminister. "Es gibt mehrere Angebote, die gerade geprüft werden."

Die Hypo Italien, die seit September 2013 kein Neugeschäft mehr machen darf (eine EU-Auflage), bleibt der Republik unterdessen bis auf Weiteres erhalten. Sie soll verwertet werden - wie, ist indes noch unklar. "Ziel ist ein Verkauf", sagte Spindelegger.

Ein Detail am Rande: Damit das Balkannetzwerk und die Hypo Italien aus der Hypo herausgelöst werden können und die Abbaugesellschaft entstehen kann, wird es neben der Holding für das Abwicklungsvehikel noch zwei weitere Holdings des Bundes geben.

S&P droht auch Bundesländern

Wie viel Geld die Abwicklung der Hypo den Steuerzahler noch kostet, wird in der Gesetzesvorlage nicht genannt. Spindelegger bezifferte die Maximalkosten am Mittwoch erneut mit vier Milliarden Euro. Dieser Betrag, ob er nun in voller Höhe schlagend werde oder nicht, sei bereits im Bundesbudget eingestellt.

Nachdem S&P Österreichs Großbanken schon am Dienstag die Rute ins Fenster gestellt hatte, drohte die Ratingagentur am Mittwoch ebenfalls wegen des Hypo-Sondergesetzes den vier Bundesländern Wien, Niederösterreich, Burgenland und Steiermark mit schlechteren Bonitätsnoten. S&P stößt sich an dem Zwangsbeitrag, mit dem Kärnten an den Kosten der Abwicklung beteiligt werden soll. Das würde die Unterstützung der Bundesländer und die Planbarkeit reduzieren, warnen die Bonitätswächter.

Ob die Ratings von derzeit AA+ tatsächlich gesenkt werden, will Standard & Poor’s im Juli entscheiden - nach dem parlamentarischen Beschluss des Hypo-Gesetzes. Tirol und Oberösterreich sind laut S&P nicht betroffen, während Kärnten, Salzburg und Vorarlberg von den Amerikanern nicht geratet werden.