Zum Hauptinhalt springen

Bankensektor: Die Flurbereinigung geht langsam vor sich, aber sie kommt

Von Stefan Melichar

Analysen

Statistisch betrachtet stehen in Österreich jedem der 800 heimischen Kreditinstitute gerade einmal 10.000 Einwohner gegenüber, und lediglich 2000 Einwohner teilen sich eine Bankfiliale. Was die Versorgungsdichte mit Bankdienstleistungen anbelangt, zählt Österreich somit zur absoluten europäischen Spitze.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Dies hat nicht zuletzt mit der sogenannten dezentralen Struktur von Sparkassen, Raiffeisen und Volksbanken zu tun: Zwar verfügen alle drei Bankgruppen über ein namhaftes Spitzeninstitut, allerdings sorgen viele - mehr oder minder eigenständige - Teilbanken in allen Regionen Österreichs für einen flächendeckenden Marktauftritt - oft bis ins kleinste Dorf hinein. Dass dies, wie die Banken betonen, in alle Ewigkeit so bleiben wird, ist jedoch keine ausgemachte Sache: Die Zeiten sind vorbei, in denen man mit sprudelnden Gewinnen in Osteuropa die teuren Strukturen im Inland subventionieren konnte.

Die sogenannte Banken-ÖIAG (Fimbag), die die Hilfen des österreichischen Staates für Kreditinstitute verwaltet, hat kürzlich in einem Brief an Finanzminister Josef Pröll eine Flurbereinigung in Österreichs Bankenlandschaft gefordert. (Die "Wiener Zeitung" berichtete exklusiv.) Mit der - schon damals angeregten und nun offiziell gestarteten - Partnersuche des Volksbanken-Spitzeninstituts Volksbank AG (ÖVAG) ist dieser Prozess offiziell eingeläutet, ein Ende jedoch noch lange nicht absehbar.

So klar es scheint, dass die Reise der ÖVAG in Richtung Raiffeisen geht, so unsicher ist, wie eine solche Fusion in der Praxis funktionieren könnte. Zwar kann man nicht von vornherein ausschließen, dass die Wettbewerbsbehörden einem Zusammenschluss dieser Größenordnung zustimmen würden. Dass dies ohne Auflagen - und somit Kahlschlag beim schwächeren Partner - abgehen würde, scheint aber auch nicht zu erwarten.

Möglich wäre, dass ausländische Banken oder Investmentgesellschaften bei der heimischen Marktbereinigung mitmischen: So dürfte die eine oder andere - in der Krise günstig zu erwerbende - Ost-Tochter heimischer Großinstitute sicherlich Abnehmer finden. Für das verbleibende Österreich-Geschäft hieße dies aber wohl auch, dass abgespeckt werden müsste.

Will ein schwaches Institut allzu scharfe Strukturänderungen vermeiden, bestünde also lediglich die Möglichkeit, sich mit einem ähnlich schwachen Partner zusammenzutun. Ende 2009 hat es eine kolportierte Annäherung zwischen ÖVAG und Bawag gegeben. Fraglich ist, ob aus einer derartigen Fusion tatsächlich ein starkes Institut hervorgehen könnte.

Manche Bank-Verantwortliche hoffen, die Krise durch lose Partnerschaften in einzelnen Geschäftsbereichen überwinden zu können - etwa durch eine Zusammenarbeit im defizitären Zahlungsverkehr. Dass die Neuordnung des Bankenmarktes derart schmerzfrei vor sich gehen wird, darf aber bezweifelt werden.