Kreditlinie für Nicht-Euroländer werden verdoppelt. | Kern des Bankgeheimnisses ist vorerst abgesichert. | Keine weiteren Konjunkturpakete. | "Schwarze Listen" für EU-Länder vom Tisch. | Brüssel. Mit schönen Erfolgen für Österreich endete der Frühjahrsgipfel der Europäischen Union: Österreich und Luxemburg konnten eine Waffenruhe im Streit um ihr Bankgeheimnis herausschlagen. Ein automatischer Austausch von Kontodaten ist zumindest für einige Jahre vom Tisch.
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Darüber hinaus wurde Österreichs Wunsch nach einer Verdopplung der Nothilfekreditlinien für Nicht-Euroländer auf 50 Milliarden Euro erfüllt. Kanzler Werner Faymann und Finanzminister Josef Pröll freuten sich über einen "riesigen politischen Erfolg." Außenminister Michael Spindelegger meinte, die Gipfelbeschlüsse trügen eine "österreichische Handschrift".
Nur "exotische Oasen"
So gab es eine politische Übereinkunft, dass die EU-Mitglieder beim G20-Treffen nicht zulassen werden, dass Länder, die sich zur Einhaltung von OECD-Standards bekennen, auf Schwarze Listen gesetzt werden, erklärte Faymann. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bestätigten das. Zuvor hatte der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück verbal scharf gegen die Bankgeheimnis-Länder geschossen, obwohl diese bereits Zugeständnisse gemacht hatten.
Die Luxemburger konnten diese Übereinkunft in die entscheidende Passage der EU-Position für den Weltfinanzgipfel am 2. April reklamieren. Darin wird festgehalten, dass das Finanzsystem vor "nicht-transparenten, nicht-kooperativen und lax regulierten Jurisdiktionen, inklusive Off-Shore-Zentren" geschützt werden soll. Die EU will die Auflistung solcher Länder und Gebiete und die Ausarbeitung von Sanktionen beantragen.
Der vom Luxemburger Regierungschef Jean-Claude Juncker durchgebrachte Zusatz verweist jedoch auf die "Berücksichtigung der jüngsten Ereignisse". Damit sind die Bekenntnisse Österreichs, Luxemburgs und der Nicht-EU-Länder Schweiz, Liechtenstein, Andorra und Monaco gemeint, künftig OECD-Standards anzuerkennen. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn meinte, dass sich die EU-Regelung auch positiv für die Schweiz auswirke.
Das die G20 eine Liste aufstellen, sei dagegen keineswegs auszuschließen, sagte Faymann. Auf dieser sollten "exotische Steueroasen" erfasst werden, die eben keine OECD-Standards akzeptieren, ergänzte Finanzminister Josef Pröll. Für Österreich skizzierte er als nächsten Schritt die Neuverhandlung von Doppelbesteuerungsabkommen nach dem OECD-Mustervertrag, der eine Amtshilfe bei "Steuerbetrug und dergleichen" verlangt. Erst nach deren Ratifizierung müssen die Österreicher Kontodaten von Ausländern bei Steuerdelikten auch ohne Straf verfahren herausrücken. Frist für die Ausarbeitung der Verträge gebe es keine, es handle sich um einen "längeren Prozess", so Pröll.
Dabei geht es vor allem um die sogenannte Zinsbesteuerungsrichtlinie: Sie schreibt den verpflichtenden Übergang zum automatischen Informationsaustausch über ausländische Kontoinhaber vor. Sie nennt dafür zwei Voraussetzungen: Erstens müssen die europäischen Nicht-EU-Partner Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco und San Marino die OECD-Standards umgesetzt haben.
Zweitens müssten die Mitgliedsstaaten einstimmig feststellen, dass sich auch die USA nicht nur pro forma dazu bekennen. Zwischen Österreich und dem automatischen Informationsaustausch steht also noch eine wohl ziemlich zeitraubende Ausarbeitung zahlreicher Doppelbesteuerungsabkommen - der Deutschland freilich nicht allzu lange tatenlos zusehen dürfte. Und darüber hinaus bedarf es noch eines Beschlusses der Finanzminister, bei dem der österreichische und der luxemburgische ein Veto-Recht haben. San Marino hat darüber hinaus bis Freitag noch nicht sein Einschwenken auf OECD-Linie bekannt gegeben.
Sarkozy als Verbündeter
Eine überraschende Wende gab es im Ringen Österreichs um eine Aufstockung des EU-Nothilfen für Nicht-Euro-Länder, die in Zahlungsschwierigkeiten kommen. Der derzeitige Rahmen von 25 Milliarden Euro soll verdoppelt werden, heißt es in den Gipfelbeschlüssen explizit. Aus dem bisherigen Volumen sind bereits 6,1 Milliarden Euro nach Ungarn und 3,5 nach Lettland geflossen. Rumänien hat einen Finanzbedarf von etwa 20 Milliarden angemeldet, von denen vier bis sieben aus dem EU-Programm kommen könnten.
Maßgeschneidert ist die Kreditlinie für neue Mitgliedsstaaten, die noch nicht der Eurozone beigetreten sind. Das sind neben den genannten Ländern Litauen, Estland und Bulgarien. Polen und Tschechien betonen stets, keine Hilfe zu benötigen. Es handle sich um einen wichtigen Schritt in Richtung Stabilität in Europa und vor allem Osteuropa, erklärte Faymann. Vor allem Sarkozy erwies sich als mächtiger Verbündeter der Österreicher. Deutschland hatte sich im Vorfeld strikt dagegen ausgesprochen.
Beschlossen wurde auch, dass die Nothilfe-Kreditlinien des Internationalen Währungsfonds (IWF) auf 500 Milliarden Dollar (370 Milliarden Euro) verdoppelt werden sollen. Ein Darlehen über 75 Milliarden Euro soll dem IWF dafür von den EU-Ländern zur Verfügung gestellt werden.
Eine Absage gab es an den US-Wunsch nach weiteren EU-Konjunkturprogrammen. Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso verwies darauf, dass effektiv bereits 3,3 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung oder mehr als 400 Milliarden Euro zur Ankurbelung der Konjunktur geflossen seien. Die USA haben knapp 800 Milliarden Dollar (591 Milliarden Euro) für zwei Jahre budgetiert.
Faymann erklärte, dass noch nicht klar sei, wie sich die bisherigen Konjunkturprogramme auswirken und daher derzeit keine Aufstockung geplant sei. Mit den US-Zahlen seien die europäischen nicht vergleichbar: "Maßnahmen, die es bei uns schon gibt, müssen dort erst geschaffen werden", sagte er. Damit spielte er auf Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und sonstige Transferleistungen an. Diese rechnet die EU ein, in den USA spielen sie wegen des schlechter entwickelten Sozialsystems kaum eine Rolle.