EU-Regeln sind auf Jahre einzementiert. | Der deutsche Finanzminister rudert nun zurück. | Brüssel. Das österreichische Bankgeheimnis gefällt dem deutschen Finanzminister Peer Steinbrück zwar nicht. In Gefahr ist es auf absehbare Zeit aber deswegen nicht. Denn die Maschinerie zur Veränderung von EU-Gesetzen ist schwerfällig - und das gilt besonders für den Steuerbereich, wo ausschließlich einstimmige Entscheidungen Gültigkeit erlangen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Das musste Steinbrück beim Treffen mit seinen EU-Kollegen am Dienstag selbst unter dem Eindruck des aktuellen, auf mindestens 300 Millionen Euro geschätzten, deutschen Steuerhinterziehungs-Skandals einsehen. Bei seinen Vorstößen zur Verschärfung der EU-Zinsbesteuerungsregeln dürfte es sich vor allem um eine Drohkulisse gegen Liechtenstein handeln, wo die deutschen Steuersünder ihr Geld in diskreten Stiftungen versteckt haben. Sollten auch Österreicher unter den involvierten Steuerbetrügern sein, werde sie "die ganze harte Konsequenz des österreichischen Strafrechts treffen", warnte Finanzminister Wilhelm Molterer.
Österreich sei von Anfang an mit den deutschen Behörden in Verbindung gestanden, erklärte er und wies damit gegenteilige Behauptungen zurück. Die SPÖ hatte zuvor in diesem Zusammenhang eine parlamentarische Anfrage an den Finanzminister gerichtet. In den kommenden Tagen soll laut Molterer ein Treffen mit den deutschen Behörden stattfinden. Österreich werde dann einen Verbindungsmann in Deutschland installieren.
"Nicht zur Disposition"
Das österreichische Bankgeheimnis, das sogar in der Verfassung verankert ist, steht für Molterer "nicht zur Disposition". Dieses führt dazu, dass Österreich wie die Schweiz entgegen den von Steinbrück urgierten OECD-Empfehlungen sehr genau differenziert, bevor es Konteninhaber preisgibt: So wird zwar Amtshilfe bei Steuerbetrug geleistet. Dieser setzt aber etwa die vorsätzliche Fälschung von Urkunden voraus. Bloßer Verdacht auf Steuerhinterziehung reicht nicht.
Immerhin soll die EU-Kommission auf Steinbrücks Wunsch schon im Mai ihren ursprünglich für Herbst geplanten Evaluierungsbericht der seit 2005 geltenden Zinsbesteuerungsrichtlinie vorlegen. Diese entfaltet aber erst 2011 ihre volle Wirkung. Mitgliedsstaaten, die statt vollem Informationsaustausch auf ausländische Einlagen eine Quellensteuer erheben, erhöhen diese dann in der letzten Ausbaustufe auf 35 Prozent. Neben den EU-Ländern Österreich, Belgien und Luxemburg gilt das auch für die Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Andorra und San Marino. Nach geltenden - rund 14 Jahre lang ausverhandelten - Regeln ist das österreichische Bankgeheimnis so lange geschützt, bis sich auch die Nicht-EU-Länder zu vollem Informationsaustausch bereit erklären. Das sei ein "ehernes Prinzip", betonte Molterer. Und aus der Schweiz hieß es bereits, dass es vor 2013 keinerlei Diskussionsbedarf gebe. Denn erst nach der vollen Umsetzung und ausreichenden Erfahrungen mit der Quellensteuer, könne über weitere Schritte nachgedacht werden.
Keine Zustimmung
Erneut keine Zustimmung gab es beim Treffen der Finanzminister zu dem von Österreich geforderte Pilotprojekt zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs. Bei dem so genannten Reverse-Charge-Modell soll die Steuerlast an das Ende der Lieferkette verlagert werden, um die betrugsanfällige Vorsteuer auszuschalten. Molterer will in den nächsten Wochen weitere Überzeugungsarbeit leisten.