Zum Hauptinhalt springen

Bankprüfer durchsuchen die Bawag

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Finanzmarktaufsicht knöpft sich den Bawag-Vorstand vor. | Laut "Wall Street Journal" ist Flöttl junior in Refco-Affäre verwickelt. | Wien. Die Krise aussitzen und den Ball an die Finanzmarktaufsicht weiterspielen. Das haben die Bawag-Aufsichtsräte bei ihrer fünfstündigen Krisensitzung am Donnerstag beschlossen. Vor dem eilig einberufenen Zusammentreffen war noch über ein Köpferollen spekuliert worden.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Bankprüfer reagierten prompt. Denn sie sind mit der Entscheidung des Bawag-Aufsichtsrates, wonach vorerst alles beim Alten bleiben soll, nicht zufrieden. Die offenen Fragen wurden nicht geklärt. Immerhin ist nach der Vergabe des insgesamt 425 Mio. Euro schweren Kredits an den mittlerweile insolventen US-Rohstoff- und Wertpapierbroker Refco mit dem Totalschaden zu rechnen.

FMA will in drei Wochen mit Prüfung fertig sein

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat deshalb den Bawag-Vorstand am Freitag zu sich zitiert, um die Abläufe bei der Kreditvergabe darzulegen. Kurz darauf - um 14 Uhr - marschierten die Revisionsexperten der FMA und der Nationalbank in der Bawag auf, um die Akten vor Ort zu studieren.

FMA-Vorstand Heinrich Traumüller will die Untersuchungen der Gewerkschaftsbank "so schnell wie möglich" durchgezogen haben. "Das duldet keinen Aufschub." Er hofft, in zwei bis drei Wochen mit dem Prüfprozess fertig zu sein. "Dann wird über Konsequenzen zu reden sein." Im Prüfbericht wird aufscheinen, ob sich die Bankverantwortlichen bei dem Schnellkredit an Refco an gesetzliche Normen, Meldepflichten und interne Kreditvergabe-Vorgaben gehalten hat.

Tags zuvor hatte Aufsichtsratschef Günter Weninger, leitender Sekretär des ÖGB, den Journalisten Rede und Antwort gestanden. Ihm zur Seite saß Vorstandsvorsitzender Johann Zwettler als stummer zerknirschter Begleiter, der allerdings ein wenig erleichtert schien, die Sitzung überstanden zu haben.

Der Ablauf gestaltete sich laut Weninger folgendermaßen: Am 5. Oktober - zwei Tage nach der Fusion von Bawag und P.S.K. - habe Refco-Chef Phillip Bennett beim Vorstand telefonisch einen Kredit über weitere 350 Mio. Euro beantragt, um mit den Mitteln einen bisher verheimlichten Kredit bei der Refco Inc zu begleichen, wie sich im Nachhinein herausstellte.

Am 7. Oktober habe Bennetts Beteiligungsfirma die Bawag kontaktiert, um die Kreditzahlung abzuwickeln. Am 9. Oktober habe der achtköpfige Bawag P.S.K.-Vorstand geschlossen dem Kredit zugestimmt. Am Vormittag des 10. Oktober schließlich sei die Auszahlung erfolgt. Erst kurz danach sei, so Weninger, über die Bildschirme die Nachricht hereingeflattert, dass Bennett wegen windiger Finanztransaktionen und Bilanzmanipulationen von Refco entlassen wurde. Doch die Kreditanweisung war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr rückgängig zu machen. Der Vorstand konnte dem Aufsichtsrat glaubhaft versichern, dass er bis dahin keinen Verdacht gegen Bennett hegte, noch Anlass zu Zweifel an dessen Bonität hatte.

Kritische Stimmen aus der Bawag P.S.K. sehen die Sache allerdings anders. Sie meinen, dass das Finanzdebakel des amerikanischen Rohstoff- und Wertpapierhändlers nicht überraschend kam, sondern abzusehen war.

In die Affäre verwickelt ist nach Angaben des "Wall Street Journal" auch der Sohn des legendären Bawag-Chefs Walter Flöttl. Flöttl junior habe nämlich einen Teil der Schulden verursacht, die Bennett durch gefinkelte Transaktionen mit seiner Refco Group Holding vertuschen wollte. Auch der Fonds-Manager Victor Niederhoffer soll, so der Zeitungsbericht, Refco eine nicht unbeträchtliche Summe schulden.

Doch beide, Flöttl wie Niederhoffer, bestreiten, jemals gegenüber Refco Schuldner gewesen zu sein.

Ex-Banker Hannes Androsch vermutet jedoch, dass die an die Öffentlichkeit gelangten Informationen nur die Spitze eines Eisberges sind. Er ortet auch einen Zusammenhang zwischen Refco und den hochspekulativen Geschäften Wolfgang Flöttls, die er auf Rechnung der Bawag getätigt hat.

Refco hat vor, rasch Vermögen zu verkaufen

Nach der Insolvenz will das schwer angeschlagene US-Brokerhaus Refco seine Vermögenswerte so rasch wie möglich verkaufen. Die Uhr tickt, denn die Kunden beginnen bereits, ihr Geld abzuziehen. Noch vor einigen Wochen verwaltete das Unternehmen 5,8 Mrd. Euro, jetzt sind es weniger als 3,3 Mrd. Euro. Kaufinteresse hat schon mehrmals eine Investorengruppe um J.C. Flowers & Co. bekundet.

Doch viele ehemalige Kunden wie der Moskauer Hedge Fonds, VR Group, bekommen kalte Füße. Sie wollen den Konkursantrag beeinspruchen, da sie um 400 Mio. Euro fürchten.

Der Refco-Skandal hat der Bawag die Feierstimmug verpatzt. Eigentlich wollte das Kreditinstitut anlässlich des Weltspartages mit einer breit angelegten Kampagne die Fusion bewerben. Doch nun müssen beunruhigte Kunden über "Helpcenter" bei der Stange gehalten werden. Viele haben bereits ihr Bawag-Sparbuch aufgelöst.