Historische Zäsur in Deutschland: FDP fliegt aus dem Bundestag.
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Berlin. Philipp Rösler und Rainer Brüderle haben ihren Eintrag in die Geschichtsbücher sicher: Parteichef der eine, Spitzenkandidat der andere, haben sie es mit vereinten Kräften geschafft, die traditionsreiche FDP ins politische Nirvana zu stürzen. Der erstmalige Rauswurf der Liberalen aus dem Parlament markiert eine historische Zäsur. Immerhin handelt es sich dabei um die längstdienende Regierungspartei Deutschlands. In wechselnden Konstellationen mit Christdemokraten und Sozialdemokraten hat die politisch flexible FDP mal der einen, mal der anderen Volkspartei zur Mehrheit verholfen.
Damit ist es für die kommenden fünf Jahre jedoch vorbei.
Dass es so weit gekommen ist (immer gesetzt, das Endergebnis straft die Prognosen nicht Lügen), muss sich die Partei selbst ankreiden. Im Hochgefühl des Erfolgs von 2009, als die Partei mit Guido Westerwelle auf fast 15 Prozent der Stimmen kam, wurde sie von der hereinbrechenden Finanzkrise politisch auf dem falschen Fuß erwischt. Die Liberalen hatten sich in der Hochphase liberalisierter Finanzmärkte auf die Forderung nach radikalen Steuersenkungen verengt - und so für die kommenden Jahre politisch aufs falsche Pferd gesetzt. Auch klassisch liberale Themen wie der Schutz der Privatsphäre vor staatlicher Überwachung vernachlässigte die Partei; stattdessen versuchte sie sich als klassische Klientelpartei zu profilieren - etwa mit Steuervorteilen für Hoteliers.
Der Wechsel von Westerwelle zu Rösler im Mai 2011 nach einer Serie empfindlicher Niederlagen kam zu spät und war noch dazu halbherzig; mit der Installation von Klubchef Brüderle als Spitzenkandidat verpuffte der Versuch einer personellen und politischen Erneuerung. Das Buhlen um Zweitstimmen von der Union war nur der letzte Beweis für fehlende Substanz.
Beide sind nun Geschichte. Der kommende Mann in der FDP heißt Christian Lindner (34). Der ehemalige Generalsekretär und Landesparteichef sowie Klubchef der Liberalen im wichtigen deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen hatte noch am Sonntagabend die Erneuerung der Partei eingefordert. Lindner gilt innerhalb wie außerhalb der Liberalen als ihr letztes politisches Talent. Zudem verfügt der eloquente Politiker über eine stabile Machtbasis in der in der Bundeshauptstadt Berlin nun entwurzelten FDP.
"Ab morgen muss die FDP neu gedacht werden", erklärte Lindner noch am Wahlabend. Ihm selbst wird dabei wohl die maßgebliche Rolle zufallen. Die EU-Wahlen im Juni 2014 werden die erste Bewährungsprobe für eine neue FDP sein.