Die israelische Siedlerfrage ist der gordische Knoten, den der US-Präsident lösen will. Er hat das seltene Talent, den goldenen Mittelweg zu finden - hier wird er sich schwertun.
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Mitten im Herzen der arabischen Welt steht US-Präsident Barack Obama heute, Donnerstag, am Scheideweg. Er hat Erwartungen geschürt, dass die USA Israel und die Araber zu einem umfassenden Friedensvertrag bewegen können. Was mehr als 40 Jahre lang nicht gelungen ist. Wird er diese Erwartungen erfüllen können?
Um zu zeigen, wie ernst es ihm ist, hat sich Obama an ein schwieriges Thema gewagt: die israelischen Siedlungen in der besetzten West Bank. Er hat von Israel das Einstellen der gesamten Siedlungsaktivitäten gefordert - ohne Schlupflöcher. "Das muss aufhören, damit wir einen Schritt weiterkommen", sagte Obama auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu.
Obama ist nicht der erste US-Präsident, der sich gegen die israelischen Siedlungen wendet. Jede US-Regierung seit 1967 hat das mehr oder weniger getan - und das sind mittlerweile immerhin neun. Netanyahu hat das abgelehnt, wie andere israelische Führer vor ihm. Das wirft für Obama eine unangenehme Frage auf: Wie soll er zeigen, dass seine Regierung wirklich meint, was sie ankündigt?
Obama und seine Berater diskutieren diese Frage seit Wochen. Es gibt für die USA mehrere Möglichkeiten, Unbehagen auszudrücken: allen voran schärfere öffentliche Kritik an der israelischen Siedlungspolitik, dazu Veränderungen bei der diplomatischen und militärischen Kooperation, bei Hilfsleistungen und beim Teilen von Geheimdienstinformationen. Sie könnten auch die Steuerbegünstigung für finanzielle Zuwendungen aus den USA an die israelischen Siedlungsorganisationen streichen.
Um eine Vorstellung davon zu bekommen, welch schwieriger Kampf hier bevorsteht, muss man nur das Handbuch der offiziellen US-Stellungnahmen zu den israelischen Siedlungen seit 1967 lesen, zusammengestellt von der Foundation for Middle East Peace. Jahr um Jahr, Jahrzehnt um Jahrzehnt, wiederholen US-Regierungsbeamte den Standpunkt der USA zu den Siedlungen - und die israelischen Regierungen bauen weiter. Mehr als 120 Siedlungen wurden in den letzten 42 Jahren gebaut; die israelische Bevölkerung in der West Bank ist im Gebiet um Jerusalem auf 190.000 angewachsen und sonst auf 289.000.
Die offizielle Position der USA dazu ist seit vielen Jahren, dass die Siedlungen illegal sind, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention verletzen. Die Regierungen von Lyndon Johnson, Richard Nixon, Gerald Ford und Jimmy Carter vertraten diese Position. Besonders nachdrücklich hat George H. W. Bush im Jahr 1971 als damaliger UN-Botschafter der USA diesen Standpunkt vertreten.
Was den Blick auf diese 42 Jahre so schmerzvoll macht, ist einerseits das Schicksal der israelischen Siedler, die seit einer Generation in der West Bank leben, und gleichzeitig natürlich das der Palästinenser, deren Häuser und Farmen von den tausenden Siedlern verdrängt wurden.
Das ist der gordische Knoten, den Obama lösen will. Er hat das seltene Talent, den goldenen Mittelweg zu finden, bei Rassenfragen, bei Fragen der nationalen Sicherheit und sogar in der Abtreibungsfrage. Diesmal wird er sich allerdings schwertun, diesen Weg zu finden.
Obama wird den Standpunkt der USA in dieser Frage mit viel mehr Klarheit und Nachdruck vertreten müssen als alle seine Vorgänger, und er wird beweisen müssen, dass er meint, was er sagt. Um Frieden schaffen zu können, wird er sich zuerst ein paar Feinde machen müssen.