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Barack Obama gleicht in zweiter Runde aus

Von Alexander U. Mathé aus den USA

Politik

TV-Debatte: Moderatorin musste Herausforderer Romney korrigieren.


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Miami. War es die Basketballhalle, die Barack Obama im zweiten TV-Duell beflügelt hat? Immerhin wollte der US-Präsident eigentlich Basketballer werden. Da kann es schon helfen, wenn man eine entscheidende Konfrontation in der Arena der Hofstra-Universität abhält, wo normalerweise die Sportler auf die Bälle auf den Korb werfen. Oder war es die Interaktion mit den Zuschauern, der Auftritt vor Publikum, der Obama aufblühen hat lassen? Oder war es simpel und einfach die Notwendigkeit, nach einem verpatzten ersten Auftritt und angesichts sinkender Umfragewerte mit allem, was er hat, seinem republikanischen Kontrahenten Mitt Romney zu widerstehen? Was auch immer es war, Obama ist es gelungen, sich wieder aufzurappeln.

Abseits der Argumente und des harten Schlagabtauschs konnte man das recht gut an der Mimik der Kandidaten sehen. Bei der ersten Fernsehdebatte hatte Obama noch betreten zu Boden geschaut, wenn Romney loslegte, während der Republikaner mit feurigem Blick das Publikum vor den Fernsehern für sich begeisterte. Das änderte sich beim zweiten Duell. Wer genau hinsah, konnte Romney immer wieder dabei ertappen, wie er ein Gesicht machte, als habe er gerade auf eine Zitrone gebissen und müsse trotzdem lächeln.

Obama wiederum tat das, was er während der ersten Debatte vermieden hatte: Er griff seinen Gegner frontal an. Egal bei welchem Thema, war der Präsident stets darauf bedacht, zu erwähnen, was sein Konkurrent in diesem Punkt alles falsch mache. Wer die Debatte via CNN verfolgte, konnte erahnen, warum Obama beim letzten Mal auf diese Strategie verzichtet hatte. Die Grafik der Live-Umfragewerte zeigte, dass Angriffe auf den Gegner nicht gut ankamen. Egal wer von den beiden über den anderen gerade vom Leder zog, das Resultat war ein Absturz der Zustimmungskurve. Dies mag das Resultat eines gnadenlos negativen Wahlkampfs sein, von dem die meisten inzwischen genug haben. Doch eines zeigte sich ebenfalls: Je länger die Debatte andauerte umso weniger wirkten sich die Angriffe auf die Stimmung der Befragten aus. Ob sie inzwischen den negativen Ausführungen glaubten oder ob es ihnen schon egal war, lässt sich nicht leicht beurteilen. Augenfällig war hingegen, dass sich Romney bei einem Angriff selbst ein Ei gelegt hat. Er behauptete, Obama habe zwei Wochen gebraucht, bis er den Angriff auf die US-Botschaft in Libyen mit vier Toten als terroristischen Akt bezeichnet habe. Obama konterte, dass er dies bereits an Tag eins getan habe, die Moderatorin bestätigte. Damit konnte der Präsident live das vorführen, was er Romney in letzter Zeit stets vorgehalten hatte: Sein Gegner sagt nicht die Wahrheit. Dass er sich ganz nebenbei als der starke Commander in Chief etablieren konnte, den man in Amerika so gerne sieht, war dann fast nur mehr eine Draufgabe. Fazit: Das Rennen ist wieder knapp.

Zudem sorgte Romney mit der Aussage über "Aktenordner voller Frauen" in feministischen Foren und auf Twitter für ungewollte Erheiterung. Romney sprach über Chancengleichheit und erzählte, wie er als Gouverneur sich Aktenkoffer von Bewerbungen von Frauen bringen ließ. Zudem stellte sich die Aussage laut diversen Fact-Checkern im Nachhinein als falsch heraus.