Wegen einer Gewitterwarnung wird der US-Präsident nicht im Freien reden.
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Charlotte/Wien. Die spektakuläre Show Barack Obamas ist buchstäblich ins Wasser gefallen. Nach seiner Nominierung zum US-Präsidentschaftskandidaten der Demokraten wollte der Amtsinhaber heute, Donnerstag, seine flammende Rede vor dem tosenden Publikum von 74.000 Zuschauern im Panthers-Stadion halten. Doch der Wettergott machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Meteorologen haben einen Gewittersturm über Charlotte in North Carolina vorhergesagt, wo der Nominierungsparteitag seit Dienstag stattfindet. Die Verantwortlichen des Parteitages beschlossen daraufhin, den Auftritt Obamas in die 20.000 Menschen fassende Time Warner Cable Arena zu verlegen, in der auch alle anderen Reden bisher gehalten wurden.
Für den Präsidenten ist das ein herber Rückschlag. Er kann nun nicht mehr mit Bilder punkten, wie jenen eines gefeierten Popstars. Bilder, die noch vor vier Jahren, einen schweren Einduck hinterlassen haben, nachdem Obama seine Nominierung mit einer Rede in einem vollen Football-Stadion in Denver akzeptiert hat. Nun konzentriert sich alles auf seine Ansprache.
Wenn Barack Obama heute Abend seine Nominierungsrede hält, dann wird man ihn vor allem mit einem Mann vergleichen: mit Barack Obama. Mit dem Mann also, der vor vier Jahren versprochen hat, dass sich alles zum besseren wenden wird; der mit den Schlagworten "hope" und "change", Hoffnung und Wandel, die Amerikaner begeistert hat. Die Republikaner verweisen nun gerne auf die hohe Arbeitslosigkeit und schlechte Wirtschaftsdaten. Diesen Angriffen wird Obama heute Paroli bieten wollen. Unterstützung sollte am Mittwochabend die Rede Bill Clintons bringen. Der als Wirtschaftsexperte bekannte Ex-Präsident sollte Obama in diesem Bereich den Rücken stärken. Obama wird in seiner Rede unterstreichen wollen, dass er den Karren aus dem Dreck ziehen kann. "Hope" und "change" werden diesmal wohl nicht dabei sein, doch alles wartet gespannt auf die neue Botschaft. Nicht nur deshalb sind die Erwartungen hoch.
Obama ist als gewandter und mitreißender Redner bekannt - im Gegensatz zu seinem republikanischen Rivalen Mitt Romney. Dessen Nominierungsrede war alles in allem eher durchschnittlich, glaubt man den Umfragen, war es die schlechteste, die ein Republikaner seit Jahrzehnten gehalten hat. Das obwohl seine Vorredner mit ebenfalls nicht sonderlich berauschenden Reden Platz für Kontrast gelassen hatten.
Die guten Redner sind eher auf der demokratischen Seite. Gut für Obama: Trotz bisher guter Leistungen haben die bisherigen Auftritt die Latte noch nicht zu hoch gelegt. Obamas Frau Michelle wurde nach ihrem Auftritt hochgejubelt, hat aber für manch einen gar dick aufgetragen, als sie etwa von ihrem Mann erzählte, der bis in die späten Abendstunden über Briefen aus dem Volk brüte und überlege, wie jedem einzelnen zu helfen sei.
Jungstar und Zukunftshoffnung der Demokraten Julian Castro brachte in seiner Rede die große Idee des US-demokratischen Wahlkampfs auf den Punkt: Harte Arbeit allein reiche nicht, es brauche auch noch eine helfende Hand des Staates. "Von all der Fiktion, die ich letzte Woche (auf dem republikanischen Parteitag Anm.) in Tampa gehört habe, ist für mich die beunruhigendste die Folgende: ,Wenn wir alle einfach unseren eigenen Wege gehen, wird unser Land dafür stärker sein.‘", sagte Castro auf dem Parteitag. "Wenn wir aber die Bande, die uns verbindet, kappen, werden die einzigen Leute, die es weit bringen, die sein, die bereits vorne sind."