Zum Hauptinhalt springen

Barak muss sich nach Camp David neue Koalition suchen

Von Moshe Meisels/Tel Aviv

Politik

Tel Aviv - Der israelische Ministerpräsident Ehud Barak, der in Camp David extrem schwierige Verhandlungen mit den Palästinensern führt, wird sich nach seiner Heimkehr eine neue Koalition suchen müssen. Zugleich warten erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten auf den Premier. Nachdem sieben Minister aus der Regierung ausgeschieden sind, droht auch Finanzminister Avraham Shohat mit der Demission.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Shohat hat guten Grund, das Handtuch zu werfen, nachdem er wegen des Drucks der Gewerkschaften auf Barak gezwungen war, auf die Kernstücke seiner großen Steuerreform zu verzichten.

In der gegenwärtigen Situation sind die Chancen des Finanzministers gleich null, auch nur eine magere und verwässerte Mini-Reform durchzuziehen. Mit wachsendem Misstrauen verfolgt Shohat die derzeit im Auftrag Baraks hinter den Kulissen geführten Sondierungsgespräche mit potenziellen neuen Koalitionspartnern und die dabei auftretende Tendenz, zukünftige parlamentarische Unterstützung großzügig mit Zuwendungen aus der Staatskasse zu belohnen.

Barak, der ohne Knesset-Mehrheit und ohne funktionsfähige Regierung in die USA gefahren ist, hat erklärt, er werde unmittelbar nach seiner Rückkehr alles tun, um eine neue Koalition zu bilden. Da jede Stimme im Parlament in Zukunft für eine Mehrheitsentscheidung notwendig sein könnte, werden unter anderem Verhandlungen mit der zwei Abgeordnete stellenden Gewerkschaftspartei geführt, die in der Knesset Shohats Steuerreform torpediert haben.

Der Finanzminister bezeichnet die Forderung dieser Zwergfraktion zur Anhebung des gesetzlichen Minimallohns um 40 Prozent im Monat, gleiche Renten für Witwer und Witwen, Steuerfreistellung von Urlaubsgeldern und einschneidende Beschränkung der Tätigkeit von Arbeitsvermittlung als "Casus belli". Die Realisierung dieser Forderungen würde zu Mehrausgaben von umgerechnet 24 Mrd. Schilling führen. Die finanziellen Forderungen von zwei weiteren Koalitionskandidaten - die Demokratische Allianz und das Vereinigte Thora-Judentum - mit insgesamt sieben Abgeordneten summieren sich auf umgerechnet rund zehn Mrd. Schilling und würden laut Shohat den engen Haushaltsrahmen sprengen.