Die verstorbene Nationalratspräsidentin war eine verlässliche Kämpferin für einen starken Parlamentarismus.
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Vergangenen Samstag fanden sich rund 2000 Menschen vor dem österreichischen Parlament ein, um Abschied von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zu nehmen. Mehr als 200.000 Österreicherinnen und Österreicher verfolgten die Trauerfeier vor den Bildschirmen. Tausende Menschen haben sich in den Tagen davor in die Kondolenzbücher für die oberste Repräsentantin des Hohen Hauses eingetragen oder persönlich im Rahmen der Aufbahrung in der Säulenhalle des Parlaments verabschiedet und auf diesem Weg ihre ehrliche Anteilnahme gezeigt. Es war eine bewegende, eine berührende, eine würdige Verabschiedung für eine große und großartige Persönlichkeit der österreichischen Politik. Leitfigur der Demokratie, große Tochter Österreichs und Europas, aufrichtige Sozialdemokratin, liebenswerter Mensch - entsprechend der ungeteilten Anerkennung des Lebenswerkes und der Trauer über den Tod Barbara Prammers waren die vielen Nachrufe aus dem In- und Ausland formuliert.
Vor einigen Monaten - zum 60. Geburtstag von Barbara Prammer, den wir alle gemeinsam im Jänner dieses Jahres feierten - habe ich Folgendes an ebendieser Stelle geschrieben: "Jede persönliche Geschichte, jeder biografische Werdegang hat immer auch einen politischen und sozialen Hintergrund. Die Biografie Barbara Prammers spiegelt ein Stück österreichischer Geschichte wider. Der Weg des Bergarbeiterkindes aus dem oberstösterreichischen Hausruckviertel an die Spitze des österreichischen Nationalrates und zur formal ranghöchsten Frau der Republik war ein bemerkenswerter Aufstieg und personifiziert den Anspruch sozialdemokratischer Politik."
Dies gilt auch für das Vermächtnis Barbara Prammers.
Ihr Leben war von sozialdemokratischen Grundwerten geprägt. Gleichzeitig gelang es Barbara Prammer gerade in ihrem Amt als Nationalratspräsidentin, politische Gesinnung und Überparteilichkeit zu verbinden und somit als verlässliche Kämpferin für einen starken Parlamentarismus im gemeinsamen Sinne aller Parlamentsklubs einzutreten.
Ihr politisches Vermächtnis ist einerseits das unermüdliche Eintreten für eine Politik der Chancengerechtigkeit - Chancengerechtigkeit für Frauen, für Minderheiten, für Nicht-Privilegierte - und andererseits das ständige Bemühen, die demokratische Kultur des Landes zu festigen und das Verständnis von Demokratie sowohl in den Köpfen als auch in den Herzen der Bürgerinnen und Bürger zu verankern - etwa durch das Projekt "Demokratiewerkstatt", mit dem es gelungen ist, zigtausenden österreichischen Jugendlichen Sinn und Anspruch von Demokratie und Parlamentarismus zu vermitteln.
Mit diesem ihrem Lebenswerk als große Politikerin und Demokratin und mit ihrer Persönlichkeit als offener, freundlicher und liebenswerter Mensch, als Freundin und Genossin werde ich Barbara Prammer in Erinnerung behalten!