Die Bürgermeisterin der drittgrößten Stadt Spaniens hat all ihre Amtskollegen zur Rebellion gegen die Zentralregierung in Madrid aufgerufen.
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Wenn es um den Draht zur Straße geht, ist Rita Barberá konkurrenzlos. Kein anderer Politiker ist dem Volk von Valencia so nah und bei ihm so beliebt, wie dessen Bürgermeisterin. Ihre Stadt ist auch ihr natürlicher Lebensraum: Ungezwungen schlendert sie durch die Straßen, nimmt an den Fiestas teil oder erledigt ihre Einkäufe auf einem der Märkte. Kein Wunder, dass sie das Idol der Valencianer ist.
Auch in ihrer Partei, der konservativen Partido Popular (PP), ist sie hoch angesehen. Immerhin hat die Volkswirtin und Politologin seinerzeit die PP mitbegründet. Schon des Öfteren ging die Kunde, dass für sie Posten in höchsten politischen Sphären bereitstünden. Doch auf die verzichtet die resolute wie charismatische Politikerin zugunsten ihrer Stadt offenbar gerne. Und während andere in ihrem Alter bereits an ihre Pension denken, hat die 62-Jährige noch lange nicht genug von der Politik. Erst im Mai des Jahres in ihrem Amt bestätigt, ist Barberá nun schon seit zwei Jahrzehnten in Folge die Stadtmutter Valencias.
Während ihrer Amtszeit wurde das renommierte Kunst- und Wissenschaftsdistrikt Ciudad de las Artes y de las Ciencias errichtet. Valencia wurde zum Austragungsort des America’s Cup und seit 2008 macht der Formel-1-Zirkus Station am neuen Valencia Street Circuit.
Wer dermaßen fest im Sattel sitzt, dem fehlt es auch nicht an Selbstbewusstsein, sich nötigenfalls mit der Bundespolitik anzulegen. So hat sie letzte Woche die spanischen Gemeinden zur Rebellion gegen die Zentralregierung in Madrid aufgerufen. Ihre Kollegen sollten sich gemeinsam mit ihr weigern, Gelder herauszugeben, die die Regierung zurückverlangt.
Der spanische Staat plant das Budget für die Gemeinden gemäß deren voraussichtlicher Beteiligung an den Staatseinnahmen. Monate später wird die Veranschlagung mit der tatsächlichen Situation verglichen und in der Folge gemäß der tatsächlichen Leistung abgerechnet.
Unangenehm ist es dann natürlich, wenn - wie im Fall von Valencia - die Differenz 100 Millionen Euro ausmacht. Während man in Madrid argumentiert, dass es sich einfach um einen Rechenfehler gehandelt habe, glaubt Barberá nicht an eine Fehleinschätzung. Vielmehr habe es sich um eine Strategie gehandelt, mit aufgeblasenen Zahlen zu den erwarteten Einnahmen, die Krise zu maskieren. Die sozialistische Vizepräsidentin Elena Salgado nannte Barberá erbost "die schlechteste Wirtschaftsministerin, die dieses Land je gesehen hat".
Unter diesen Voraussetzungen werde sie das Geld nicht zurückgeben, schrieb die Bürgermeisterin an die Regierung und forderte all ihre Amtskollegen auf, es ihr gleich zu tun.