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Barclays soll ABN aufgeben

Von Rainald Edel

Wirtschaft

Barclays weist den Vorschlag zurück. | Attacke hilft dem Bankentrio der Royal Bank of Scotland. | London/NewYork. Die Übernahmeschlacht um die niederländische Bank ABN Amro ist seit kurzem um eine Facette reicher. Bisher musste sich die britische Barclays-Bank nur gegen ihren Bieterrivalen, ein Bankentrio unter der Führung der Royal Bank of Scotland, zur Wehr setzten. Nun sitzt der Feind auch in den eigenen Reihen.


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Wie am Montag bekannt wurde, forderte Anfang Juni der New Yorker Hedgefonds Atticus, der ein Prozent der Barclays-Anteile hält, in einem Brief an Barclays-Vorstandsvorsitzenden Marcus Agius den Rückzug des Übernahmeangebotes. Andernfalls werde Atticus auf der für die Durchführung der Transaktion notwendigen Hauptversammlung gegen die Akquisition stimmen.

Barclays und ABN Amro hatten sich bereits Ende April auf eine Übernahme geeinigt. Der Deal soll laut Medienberichten 63 bis 67 Mrd. Euro schwer sein. Allerdings wurde die Fusion erschwert, nachdem ein niederländisches Gericht den Verkauf der ABN-US-Tochter Lasalle an die Bank of America auf Eis gelegt hatte.

Zudem legte das Konsortium um die Royal Bank of Scotland ein Konkurrenzangebot für ABN Amro über 71 Mrd. Euro.

Minderwertig und teuer

Atticus-Chef Timothy Barakett und sein Vorstandskollege David Slager meinten in ihrem Schreiben, dass "ABN eine minderwertige Bank ist, deren Preis im Zuge des Bieterkampfes inzwischen inflationär hoch ist". Sie kündigten an, auch andere Barclays-Eigner von ihrer Sichtweise zu überzeugen.

Sollte Barclays an der Übernahme festhalten, werde dies die "Glaubwürdigkeit des Vorstandes beschädigen und Aktionäre verärgern", so das Atticus-Vorstandsduo.

In einer ersten Stellungnahme erklärt Barclays, dass die Ansicht von Atticus nicht repräsentativ für alle Barclays-Aktionäre sei. Die Bank stützt sich in ihrer Abwehr nach eigenen Angaben auf die Meinung von 50 Anteilseignern.

Zusätzlich versuchte der Barclays-Vorstand letzte Woche die Fondsrepräsentanten vom ABN-Geschäft zu überzeugen. Allerdings konnte Atticus nicht umgestimmt werden.

Weitere Gegenstimmen

Kritische Töne schlagen Barclays laut "Financial Times" aber auch in der Heimat entgegen. So warnten Großaktionäre, die rund 15 Prozent halten, davor, das Offert für ABN zu erhöhen. "Das wäre wertvernichtend", sagte einer der Aktionäre. Das Angebot von Barclays sei "weniger logisch" als jenes der Royal Bank of Scotland, die viel mehr einsparen und Umsatzsynergien erzielen könne. "ABN ist eine der am wenigsten attraktiven Aktien im Bankensektor, und dafür auch noch zu bieten, hinterlässt bei uns Aktionären ein bitteren Geschmack."

Bankentrio profitiert

Der Angriff von Atticus könnte das Blatt zugunsten des Bieterkonsortiums bestehend aus der Royal Bank of Scotland, Santander und Fortis wenden. Das Trio plant eine feindliche Übernahme der ABN, um diese anschließend zu zerschlagen. Ein Schicksal, dem die Niederländer tunlichst entgehen wollen. ABN hatte sich überhaupt erst in die Arme von Barclays geflüchtet, nachdem der damals nur mit rund einem Prozent beteiligte Hedge-Fonds-Aktionär TCI das Management aufgefordert hatte, die Bank zu verkaufen oder zu zerschlagen.

Welchem der beiden Bieter auch immer die Übernahme von ABN gelingt kommt sie zustande, wäre dies die größte Bankenübernahme in Europa.