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Dass Daniel Barenboim ein fallweise begnadeter Dirigent ist und von Zeit zu Zeit immer noch ein guter Pianist, bleibt unbestritten. Darum geht es nicht. Daniel Barenboim hat sich aber auch zu einer Leitgestalt des internationalen Musiklebens gemausert, quasi zu einem Welt-Generalmusikdirektor. Und ob er sich dazu wirklich gemausert oder eher zielstrebig dazu gemacht hat, ist eine Frage, der das deutsche Feuilleton derzeit mit zunehmender Barenboim-Skepsis nachgeht.
Stein des Anstoßes ist die Barenboim-Said-Akademie Berlin, an der ab 2015 Nachwuchsmusiker aus dem Nahen Osten ausgebildet werden sollen, ein pazifistisches Mega-Projekt, wie es auch Barenboims israelisch-palästinensisches West-Eastern Divan Orchestra ist. Der deutsche Staat unterstützt das Projekt der Akademie mit 20 Millionen Euro.
Doch da, wenngleich selten, etwas Begrüßenswertes auch aus falschen Motivationen entstehen kann, muss mit der Zeit die Frage gestattet sein, ob es Barenboim wirklich noch um seinen zweifellos glaubwürdigen Pazifismus geht oder um den Bau eines Denkmals für sich selbst.
Barenboim nimmt jedenfalls international eine Machtstellung ein, die er freilich auch für Hilfestellungen nützt. So heißt es etwa längst in Kreisen speziell jüngerer Dirigenten, dass heute hinter nahezu jeder größeren Karriere, egal, wo sie ihren Höhenflug beginnt, irgendein Zusammenhang mit Barenboim steckt.
Am Ende also doch Daniel Barenboim - der Altruist? Es ist freilich keine neue Erkenntnis, dass Altruismus mitunter auf purer Egozentrik beruht.