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Bärendienst

Von Reinhard Göweil

Leitartikel

Wolfgang Ruttenstorfer ist ein integrer Mann. Er führt die OMV seit Jahren erfolgreich, schmeißt nicht leichtfertig und um des persönlichen Vorteils willen Mitarbeiter hinaus, tätigt keine waghalsigen Spekulationsgeschäfte für einen Bonus. Die Anklage wegen Insider-Geschäften mit OMV-Aktien mutet daher kurios an.


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Seine Kollegen aus dem Top-Management haben nun ein ganzseitiges Inserat geschaltet und Ruttenstorfer ihrer Unterstützung versichert. Ein Bärendienst.

Erstens erweckt das Inserat den Eindruck, dass die Gesetze zwar für "Normalbürger" zu gelten haben, nicht aber für die Creme der Wirtschaftskapitäne. Ein fataler Fehler - so etwas sollte eigentlich Managern, die tausende oder zehntausende Mitarbeiter leiten, nicht passieren.

Zweitens haben sich die Wirtschaftskapitäne für das Inserat, das sie ja wohl aus eigener Tasche bezahlt haben, das falsche Thema gesucht - ebenfalls nicht besonders vertrauenswürdig. Sie sprechen von einer Gefährdung des Standortes Wien. Immerhin ist die Basis der Anklage ein Gesetz, eingebracht von der Regierung und beschlossen vom Nationalrat. Die Top-Manager erwecken den Eindruck, als wisse die heimische Legislative nicht, was sie tut - obwohl ihre Lobbyisten im Parlament sitzen.

Worum es in Wahrheit geht, ist die bewundernswerte Schnelligkeit der Justiz bei einem Manager, der der SPÖ zugerechnet wird. Viele unglücklich agierende Manager aus der schwarz-blauen Regierungszeit 2000 bis 2006 sind seit Jahren mit dem Staatsanwalt konfrontiert, ohne in die Nähe einer Anklage zu kommen. Bei Ruttenstorfer wurde seit Mitte 2009 ermittelt, Mitte November 2010 Anklage erhoben, am 27. Jänner 2011 findet der Prozess statt. Dieses Tempo würde sich der "Normalbürger" auch bei anderen Verfahren wünschen.

Davon sprechen die Manager in ihrer Annonce aber nicht. Auch nicht davon, dass das jetzige Gesetz (das bereits weniger prominente Geschäftsführer traf) reformbedürftig wäre. Denn Ruttenstorfer erhielt als Bonusprogramm Aktien des eigenen Unternehmens, die er drei Jahre behalten muss. Sein rechnerischer Gewinn bisher ist vergleichsweise gering. Aber das zeitliche Zusammentreffen mit dem Verkauf des ungarischen Öl-Unternehmens MOL durch die OMV wird Ruttenstorfer zum Vorwurf gemacht. Eine kuriose Sache, in der Tat. Aber kein Thema für ganzseitige Inserate.