Zum Hauptinhalt springen

"Bargeld ist nicht so produktiv"

Von Matthias Punz

Wirtschaft

In Japan wird überproportional viel mit Bargeld gezahlt. Eine neue elektronischen Währung soll das ändern.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Tokyo. Lasset die Spiele beginnen - und damit das Schaulaufen der eigenen Wirtschaftskraft. In Japan reagiert man auf den kürzlich gestarteten bargeldlosen Mobil-Bezahlservice des chinesischen Amazon-Äquivalents und Internetriesen Alibaba mit der Ankündigung von Plänen einer eigenen Digitalwährung. Mit "J-Coin" soll zu den Olympischen Spielen 2020 eine elektronische Währung starten, mit der man ebenfalls bargeldlos mit dem Smartphone bezahlen kann.

Die japanische Zentralbank unterstützt laut Recherchen der "New York Times" die Pläne eines Bankenkonsortiums, welches von der Mizuho Financial Group und der Japan Post Bank angeführt wird. Die Digitalwährung soll Japan unabhängiger von Bargeld machen und gegen die chinesische Konkurrenz schützen, argumentieren die Bankenvertreter. Auch die japanische Leistungsfähigkeit bei technologisierten Finanzdienstleistungen (Stichwort: Fintech) soll durch die J-Coins einer breiten Öffentlichkeit während der Olympischen Spiele präsentiert werden, wenn tausende Touristen im Land sein werden.

Die J-Coins sollen eins zu eins in die japanische Nationalwährung Yen umgetauscht werden können. Bezahlt wird dann mit dem Smartphone, indem sogenannte QR-Codes an der Kassa eingescannt werden. Die Banken wollen den Service kostenfrei anbieten, profitieren im Gegenzug aber von besseren Daten über das Konsumverhalten. Auch für die Geschäfte, welche J-Coins entgegennehmen, sollen keine Kosten entstehen, während bei Bankomat- oder Kreditkarten Gebühren bezahlt werden müssen.

70 Prozent in Cash abgewickelt

"Wir mögen Bargeld, weil Japan ein sehr sicherheitsbewusstes Land ist", sagt Yasuhiro Sato, Vorstandsvorsitzender der Mizuho Financial Group, gegenüber der "New York Times". "Aber Bargeld ist nicht so produktiv, deshalb müssen wir einen Strukturwandel vom Bargeld zu elektronischen Geld einleiten." In Japan werden tatsächlich 70 Prozent aller Transaktionen in Cash abgewickelt. Dieser Wert ist höher als in allen anderen entwickelten Staaten. Das verursacht Kosten für die Banken, die große Summen an Bargeld halten, transportieren und prüfen müssen.

Die digitale Währung soll dies aus Bankensicht ändern. Laut Sato würde es daher auch am besten funktionieren, wenn alle japanischen Banken zusammen an diesem Projekt arbeiten würden.

Angst vor China

Ausgangspunkt für das Lobbying des Bankenkonsortiums bei der Regierung und den Regulatoren war jedenfalls, dass man auf die Gefahren des bargeldlosen Bezahlsystems des chinesischen Megakonzerns Alibaba aufmerksam machen wollte. Die Banken warnen davor, dass Konsumtendaten künftig aus Japan nach China abfließen. Sie haben ein Eigeninteresse daran, selbst über diese Daten zu verfügen. Das Internet-Auktionshaus Alibaba ist in China unumstrittener Marktführer, was den Online-Handel betrifft. Ziel des Großkonzerns ist es aber auch international vorzupreschen. In den kommenden fünf Jahren sollen umgerechnet 12,6 Milliarden Euro in ein globales Logistiknetzwerk fließen, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte.