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Wien. Obwohl seit 2006 das Bundesbehindertengleichstellungsgesetz (BGStG) in Kraft ist, lässt die Barrierefreiheit in Österreich zu wünschen übrig. Bei der Volksanwaltschaft gehen laufend Beschwerden ein. Laut der Gesundheitsbefragung der Statistik Austria schätzt sich ein Drittel der Österreicher in Privathaushalten als langfristig stark eingeschränkt ein. Von kurzfristigen Einschränkungen kann jeder betroffen sein, gibt Volksanwältin Gertrude Brinek (siehe Foto) zu bedenken - etwa Eltern mit Kinderwägen oder Menschen mit Gehhilfen. "Zu sagen: ,Da kann man läuten, und dann kommt jemand und hilft‘, gilt nicht", so Brinek. Laut Gesetz sollen sich Personen mit Einschränkungen ohne fremde Hilfe bewegen können.
Geht nicht, gilt nicht
Würde bei Bauprojekten von Anfang an die Barrierefreiheit mitbedacht, hielten sich die Zusatzkosten in Grenzen, sagt Brinek. Oft wird auf den Denkmalschutz verwiesen. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber bereits festgestellt: Barrierefreiheit geht vor. Häufig sind vermeintliche Lösungen nicht zielführend. Brinek und Behindertenanwalt Hansjörg Hofer schlagen deshalb vor, Betroffene künftig in Planungsprozesse einzubinden. Nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch im Wohnbereich gibt es Handlungsbedarf. Vermieter dürfen etwa verlangen, dass Hilfsvorrichtungen wieder entfernen werden, sobald Mieter ausziehen. "Das ist vollkommen absurd", so Hofer. Verbesserungen der Hauszugänglichkeit sollten grundsätzlich geduldet werden und als technische Aufwertung der Bausubstanz gelten. Brinek und Hofer plädieren für einen breiten Sinneswandel. "Ausreden und weitere Verzögerungen nehmen wir nicht hin", stellt Brinek klar.