Zum Hauptinhalt springen

"Barroso-Milliarde" überschattet Tauziehen um den EU-Haushalt

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Kommissionschef stellt Entwicklungsländern hohe Förderung in Aussicht. | Brüssel. Jeden Herbst feilschen die Mitgliedsstaaten mit dem Europäischen Parlament um den EU-Haushalt für das nächste Jahr. Auch beim Treffen der EU-Finanzminister am Freitag ging es zwar um den Streit über rund zehn Milliarden Euro mehr oder weniger für 2009; das Parlament verlangt 124 Milliarden, die Minister wollen nur knapp 114 bewilligen. Überschattet war die Diskussion allerdings vom Tauziehen über die Finanzierung der Fördermilliarde für die Landwirtschaft der Entwicklungsländer. Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hatte sie beim G8-Gipfel in Japan angekündigt, die EU-Staats- und Regierungschefs haben den Vorstoß unterstützt.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Unklar war aber noch, wie sie finanziert werden soll. Denn der Vorschlag der Kommission, schlicht nicht ausgenützte Agrarfördergelder der EU-Mitgliedsstaaten zu nutzen, sei "technisch und rechtlich" nicht machbar, hieß es in Diplomatenkreisen. Die EU-Mittel sind durch das Rahmenbudget von 2007 bis 2013 für bestimmte Verwendungszwecke einbetoniert. Agrarmittel können nicht einfach für Entwicklungshilfe umgewidmet werden.

Darin sind sich Mitgliedsstaaten und Parlament auch grundsätzlich einig. Nur der Lösungsansatz ist ein völlig anderer. Der Vorschlag der Abgeordneten, das Rahmenbudget in diesem Ausmaß zu ändern, sei etwa "völlig unrealistisch", hieß es. Es wird alle sieben Jahre in härtesten Verhandlungen von den Staats- und Regierungschefs einstimmig festgelegt und gilt als unantastbar.

So würden die Finanzminister gern innerhalb des Haushaltspostens für Außenpolitik umschichten, wo auch die Entwicklungshilfe angesiedelt ist. Die Milliarde soll darüber hinaus möglichst auf drei Jahre verteilt werden, was die jährliche Belastung linderte. Dennoch gibt es wenig Spielraum in dem erfahrungsgemäß ohnehin unterdotierten Bugdetposten.

Auswegmöglichkeiten bieten ein paar Spezialregeln: So darf das Budget pro Jahr um bis zu 200 Millionen Euro überschritten werden, wenn Mitgliedsstaaten und Parlament einverstanden sind. Dieser Betrag könnte mit einiger juristischer Mühe auch noch erhöht werden, was die Finanzminister im Gegensatz zum Parlament vermeiden wollen. Ebenso verhält es sich mit der sogenannten Soforthilfereserve über 244 Millionen pro Jahr, die an sich für Nothilfe bei Katastrophen wie Erdbeben oder Tsunamis vorgesehen ist.

Das Parlament hat die Regelung dieser Frage jedoch als Druckmittel in den Verhandlungen entdeckt. Die Einigung auf ein Budget 2009 hängt auch davon ab.