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Dauerhafter Euro-Rettungsschirm ESM soll schon Mitte 2012 einsatzbereit sein.
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Brüssel/Wien. Die Eurozone ist in einer Abwärtsspirale gefangen: Die hohe Verschuldung der Staaten weckt Zweifel an der Stabilität der Banken. Diese verschlechtern die Wachstumsperspektiven in der EU - was wiederum die Staatsfinanzen belastet. Um diesen "Teufelskreis" zu durchbrechen, gibt EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso den Regierungschefs ein breites Bündel an Vorgaben mit auf den Weg: Am 23. Oktober soll endlich eine Lösung für die Euro-Schuldenkrise gefunden werden, haben Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy versprochen.
Barroso präsentierte nun am Mittwoch fünf Vorschläge, die "zusammen und so schnell wie möglich verwirklicht" werden sollen: Die Umsetzung einzelner Elemente reiche nicht mehr aus, um eine systemische Krise einzudämmen. Somit müssten in einem Aufwaschen die Probleme Griechenlands eingedämmt, der Euro-Schutzschirm verbessert, Europas Banken stabilisiert, das Wachstum gefördert und die Budgetkontrolle verbessert werden.
Griechenland: Konkret plädiert Barroso dafür, die sechste Hilfstranche aus dem EU- und IWF-Hilfspaket für Athen auszuzahlen, sofern der Reformkurs der Griechen auf Linie ist. Mit einem zweiten Hilfsprogramm, bei dem die privaten Gläubiger "adäquat" eingebunden werden, soll eine "nachhaltige Lösung für Griechenland innerhalb der Eurozone" gefunden werden. Die Banken müssen sich also darauf einstellen, dass der bisher geplante, freiwillige Schuldenschnitt in Höhe von rund 21 Prozent noch nicht das Ende der Verhandlungen ist. Griechenland werde diesbezüglich aber ein Einzelfall bleiben, so Barroso.
Schutzschirm: Der Kommissionspräsident will, dass der Europäische Stabilisierungsmechanismus (ESM) schon ein Jahr früher, ab Mitte 2012 einsatzbereit ist. Dieser soll den derzeitigen Euro-Hilfsfonds EFSF dauerhaft ersetzen und über eine Kreditvergabekapazität von 500 Milliarden Euro verfügen. Ein erster Schritt in diese Richtung sei die EFSF-Stärkung, die mit dem Okay der Slowakei bereits beschlossen ist. Barroso deutet auch die Möglichkeit einer Kredithebelung an, also einer Steigerung des Vergabevolumens ohne höhere Staatsgarantien - sofern das im Rahmen der EU-Verträge bleibt.
Banken: Nur ein vollständig koordiniertes Konzept zur Rekapitalisierung der europäischen Banken könne das Vertrauen zurückbringen, betont der Portugiese. Basierend auf einer Neubewertung durch die Bankenaufsichtsbehörden sollte vorübergehend eine "erheblich höhere Quote von Eigenkapital höchster Qualität" verlangt werden, um den Risiken Rechnung zu tragen. Dabei sollen alle Staatsanleihen in der Bilanz - ob für den laufenden Handel oder bis zur Endfälligkeit gehalten - berücksichtigt werden. Laut Medienberichten wird bereits über Hürden von 9 Prozent hartes Kernkapital nachgedacht.
Zuerst sollten die Banken auf private Kapitalquellen zurückgreifen, erforderlichenfalls auch auf staatliche Beihilfen. "Ultima Ratio" sei eine Rekapitalisierung über den EFSF. Bis zum Vollzug der Rekapitalisierung sollte eine Auszahlung von Dividenden oder Boni an Bank-Manager von der nationalen Bankenaufsicht unterbunden werden.
Wachstum: Die Kommission ruft die Staaten dazu auf, die Budgetsanierung voranzutreiben - für Konjunkturpakete sei aufgrund der verschuldeten Haushalte kein Platz. Dafür will Barroso die Ressourcen der Europäischen Investitionsbank (EIB) stärken - die EU-Hausbank soll künftig mehr Kredite vergeben und so die Realwirtschaft stärken.
Budgetkontrolle: Barroso will eine robuste, integrierte Wirtschaftspolitik mit mehr Gewicht. Die Budgetkontrolle der nationalen Haushalte durch Brüssel soll weiter verstärkt werden. Das sei eine Voraussetzung für "Stabilitätsanleihen" - so nennt er nun Eurobonds. Ein Optionenpapier für diese gemeinsamen EU-Schuldpapiere soll Ende des Jahres vorliegen.
In Österreich meldete sich Finanzministerin Maria Fekter zu den Barroso-Plänen zu Wort: Sie sagte, es gebe bereits seit drei Wochen Gespräche mit den Bankensektoren über höhere Kapitalquoten. Mikolaj Dowgielewicz, Staatssekretär des EU-Vorsitzlandes Polen, betonte, dass der nächste EU-Gipfel wichtig sein werde. "Dort werden große, mutige Entscheidungen getroffen."