Hatte Finanzminister Karl-Heinz Grasser erst kürzlich den Status "Freie Dienstnehmer" in Frage und dessen Abschaffung in den Raum gestellt, so erteilte Wirtschaftsminister Martin Bartenstein Dienstag dem Vorstoß eine Absage. In Folge erneuerte Grasser seine Forderung nach einer Reform.
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"Ich sehe hier keinen Änderungsbedarf. Von uns aus gibt es deutliche Kritik an diesen Absichten", erklärte Bartenstein gegenüber der APA.
Medienberichten zufolge hatte das Finanzministerium geplant, nach Ostern einen Begutachtungsentwurf auszusenden, mit dem die Abschaffung der Freien Dienstnehmer geregelt werden soll. Die Betroffenen sollten demnach entweder als klassische Dienstnehmer angestellt oder in die Selbstständigkeit entlassen werden.
Vorteil des Freien Dienstnehmers ist, dass der jeweilige Arbeitnehmer durch die Sozialversicherung abgesichert ist. Allerdings beziehen jene weniger Leistungen als echte Angestellte. Eine Abschaffung würde nach Ansicht Bartensteins für die Betroffenen negative Auswirkungen haben, denn ein Gros würde "in eine nicht wirklich gewünschte Selbstständigkeit hineingedrängt". Derzeit seien immerhin zwei Drittel der Freien Dienstnehmer voll durch die Sozialversicherung abgesichert.
Bartenstein verwies zudem auf eine Studie Wiener Wissenschafter um Andreas Riesenfelder und Emmerich Talos, wonach nur fünf Prozent der Freien Dienstnehmer mit ihrem Status unzufrieden seien. 60 bis 65 Prozent hätten überdies explizit erklärt, gar nicht an einem festen Dienstverhältnis interessiert zu sein.
Riesenfelder selbst sieht Bartensteins Auslegung der Studie hingegen "sehr aus dem Zusammenhang gerissen" und betrachtet die Sache differenzierter, wie er gegenüber der "Wiener Zeitung" betonte. Tatsächlich seien an die 30 Prozent der Leute mehr oder weniger unzufrieden. Trotzdem würden insgesamt die positiven Effekte überwiegen. Im Status "Freier Dienstnehmer" sieht er einerseits eine Chance als Einstiegs- oder Ausstiegsphänomen, allerdings auch eine Gefahr vor allem für Alleinerzieherinnen, die damit einem erhöhten Armutsrisiko ausgesetzt seien. Eine Abschaffung bringt seiner Ansicht nach für die Arbeitnehmer jedoch nichts. Vielmehr drängt er auf Begleitmaßnahmen, wie etwa verpflichtende Information für die Arbeitnehmer in Form von Dienstzettel. Ein großer "Gewinn wäre zusätzlich eine Arbeitslosenversicherung". Bei einer Abschaffung befürchtet Riesenfelder eine Ausweichbewegung in Richtung neue Selbstständige, was noch größere Unsicherheiten für die Betroffenen bedeuten würde.
Dienstag Nachmittag bekräftigte Finanzminister Karl-Heinz Grasser allerdings seine Forderung nach einer Reform. Derzeit würden die sogenannten Freien Dienstnehmer sozialversicherungsrechtlich wie Nicht-Selbstständige behandelt, steuerrechtlich aber wie Selbstständige. Eine Vereinfachung wäre sowohl für die Verwaltung als auch für die Wirtschaft "sinnvoll und wünschenswert". Zuständig wäre aber das Sozialministerium - Minister Herbert Haupt lehnt eine Abschaffung jedoch ab.
Für den Fall der Fälle beharrt der ÖGB auf dem Sozialversicherungsschutz für die Freien Dienstnehmer, auch wenn es künftig nur mehr angestellte Arbeitnehmer oder Selbstständige geben sollte.