Zum Hauptinhalt springen

Bartenstein kündigt Veto an

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Das Umweltministerium hat gestern endlich den Zuteilungsschlüssel für die Emissionszertifikate vulgo Verschmutzungsrechte für die erste Periode 2005 bis 2007 veröffentlicht. So dürfen Energiewirtschaft und Industrie 32,48 Mill. Tonnen Treibhausgase ausstoßen. Das sind um 330.000 t mehr, als noch zuletzt im Ministerrat vereinbart. Industrie und E-Wirtschaft schreien auf. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein kündigt aus Asien, wo er sich soeben auf einer Dienstreise befindet, sein Veto an.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Bartenstein beharrt auf einer Zuteilung von 34,29 t. Nächste Woche werde er mit seinem Kollegen, Umweltminister Josef Pröll, verhandeln, verkündet er aus der Ferne.

Die Energiewirtschaft bekommt inklusive Reserve 12,13 Mill. Tonnen, das ist um etwa eine Million Tonnen weniger als sie benötigen würde. Der Industrie werden Gratiszertifikate von 20,36 Mill. Tonnen zugebilligt. Die Betroffenen, sind entrüstet. Manche Betriebe drohen gar mit Klagen, sollte der Plan in vorliegender Form zum Tragen kommen. Die Voest will ihre zweite Ausbaustufe verschieben, sollten ihr nicht ausreichend Zertifikate zur Verfügung gestellt werden. Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer kritisiert den Allokationsplan als "unzumutbare Belastung" für Voest und den Landesversorger Energie AG und kündigte seine Unterstützung an.

Auch die Zement- und Ziegelindustrie, vertreten über den Fachverband Stein und Keramik, ist mit den Tonnen unzufrieden. Beide zusammen hätten um 230.000 t zuwenig zugesprochen bekommen, erklärt Fachverbands-Geschäftsführer Carl Hennrich. Damit sei für manche Betriebe das Legalitätsprinzip verletzt, diese wollten rechtliche Schritte gegen die Vorlage unternehmen.

Als unfair wertet es der Verbund, dass der Abgasausstoß von Verkehr und Hausbrand unberücksichtigt bleibt und nur die großen Betriebe zum Handkuss kommen. Seine Forderung: Auch der Verkehr, einer der wachsenden Klimasünder, müsse zur Schadstoffreduktion gezwungen werden.

Für die Umweltschützer ist der Zuteilungsplan zu wirtschaftsfreundlich und eine Abkehr vom Kyoto-Ziel, wonach Österreich bis 2010, theoretisch 13%, faktisch aber schon 25% seiner Treibhausgase reduzieren müsste. Global 2000 und Greenpeace sehen Österreich vor einem Kyoto-Desaster und kritisieren den Sieg der Klimakiller. Für die Grünen ist der vorliegende Plan ein Rückschritt für den Klimaschutz.

Klimastreit in Deutschland

Ein ähnlicher Klimaschutzkampf wird derzeit in Deutschland ausgetragen. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement erwägt sogar einen Eckpfeiler rot-grüner Umweltpolitik, die Ökosteuer, wieder abzuschaffen. Sein Standpunkt: Weitere Belastungen könne sich Deutschland mit seinen hohen Energiepreisen nicht leisten. Beim Emissionshandel ist kein Kompromiss zu finden. Der Streit zwischen Umweltminister Jürgen Trittin und Clement eskaliert. Gestern bekam Clement, der die Position der Industrieverbände einnimmt, auch noch Rückendeckung von den Wirtschaftsministern der Länder. "Regelungen, die von der Industrie nicht umgesetzt werden, sind sinnlos." Doch nicht die ganze SPD steht hinter Clement. Ein Teil ist wie die Grünen für viel strengere Klimaschutzvorgaben.