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Basteln bis zum bitteren Ende

Von Katharina Schmidt

Analysen

Rektorwahl: Hahn plant bessere Kooperation von Uni-Rat und Senat. | Absolute Mehrheit der Professoren im Senat wackelt. | Wien. Eine Woche hat er noch Zeit, dann ist seine selbstauferlegte Frist abgelaufen. Die Rede ist von Wissenschaftsminister Johannes Hahn, der bis "Mitte, Ende Mai" einen Entwurf für eine Reform des Universitätsgesetzes 2002 vorlegen wollte. Mitte Mai wird sich eindeutig nicht mehr ausgehen - auch, dass der Ministerrat kommenden Mittwoch ein Konsenspapier vorgelegt bekommt, erscheint unwahrscheinlich. Denn zahlreiche Fragen sind noch offen für die Reform der Reform.


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Worum geht es überhaupt? Mit dem UG 2002 wurden die Universitäten in die Autonomie entlassen, gleichzeitig wurde mit der Implementierung einer Professoren-Mehrheit im Senat die Mitbestimmung des Mittelbaus und der Studenten empfindlich eingeschränkt. Auch der Modus Operandi bei der Rektorswahl hat sich nach den jüngsten Kapriolen als problematisch erwiesen. Gemäß dem UG 2002 wählt nämlich der Uni-Rat aus einem Dreier-Vorschlag des Senats den Rektor aus. 2007, bei den ersten Wahlen seit Inkrafttreten des Gesetzes, funktionierte das an den meisten Unis zwar ohne Schwierigkeiten, dafür waren letztere an einigen anderen Unis umso größer. Etwa an der Wiener Bodenkultur: Die heute als erste Frau an der Spitze einer österreichischen Uni hochgelobte Ingela Bruner stand zwar ganz oben auf dem Senats-Dreiervorschlag. Diesen verwarf der Uni-Rat aber kurzerhand, weil der vom Rat favorisierte Amtsinhaber Hubert Dürrstein nicht nominiert worden war. Erst nach langen Debatten konnte man sich auf Bruner einigen.

Findungskommission bei Rektorswahl geplant

Derlei Querelen will Hahn nun durch eine bessere Kooperation zwischen Rat und Senat im Vorfeld verhindern. Eine Findungskommission, bestehend aus je einem Mitglied des Rats und des Senats, soll unter der Leitung des Uni-Rats-Vorsitzenden eine Vorauswahl treffen, die mindestens drei Namen enthalten muss. Daraus soll dann der Senat erneut einen Dreier-Vorschlag an den Uni-Rat erstellen. Laut Hahn wird dadurch die Mitbestimmung des Senats nicht eingeschränkt, da dieser einzelne Personen auf der Liste der Findungskommission ablehnen darf - dem Rat müssen allerdings weiterhin drei Namen vorgelegt werden.

Trotz unterschiedlicher Forderungen der einzelnen Akteure (siehe Grafik unten) wird Hahn zumindest in Sachen Rektorswahl mit seinen Vorschlägen wohl - beim Koalitionspartner wie auch bei den Uni-Vertretern - durchkommen. Freilich nur, solange der Senat sein Vetorecht behält, denn sonst könnte dies einen Rückschritt in die Zeit vor der Autonomie bringen, wie zumindest die Hochschülerschaft befürchtet. Unbestritten dürfte der Plan sein, Rektoren, wenn sie sich in ihrer Amtszeit bewährt haben, ohne kompliziertes Auswahlverfahren auf ihren Posten zu verlängern.

Anders verhält es sich mit der Organisation des Senats selbst. Studenten und Mittelbau - außerordentliche Professoren, Assistenzprofessoren, wissenschaftliches Personal - wollen die 2002 fixierte absolute Mehrheit der ordentlichen Professoren mit der Weiterentwicklung des UG wieder abgeschafft wissen.

Professoren fürchten um ihre Macht im Senat

Die berufenen Professoren befürchten hingegen einen Machtverlust und wehren sich massiv gegen eine Umstrukturierung des Senats. Ihr Argument: Nur die "höchstqualifizierte Gruppe" dürfe über die Geschicke der Uni entscheiden.

Hochschülerschaft und Mittelbau setzen sich hingegen für die Schaffung einer Lehrenden-Kurie ein, in der neben den habilitierten Professoren zumindest auch die nicht-habilitierten vertreten sind. Im Senat könnte es dann zu einer Drittelparität zwischen dieser Kurie, den Studenten und dem Mittelbau geben. Auch SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal fordert eine Hochschullehrer-Kurie - und eine rasche Antwort von Hahn in dieser Frage.

Der Wissenschaftsminister hält sich jedoch bedeckt: "Es wird eine Änderung geben, aber auf keinen Fall einen Rückschritt zum Universitätsorganisationsgesetz 1975", wie ihn die Professoren befürchten, sagt er zur "Wiener Zeitung".

"Umbau ja, aber kein Rückschritt zu 1975"

Daneben steht vor allem die Frage nach dem Budget im Raum. Schon 2007 hat das Parlament beschlossen, dass die Ausgaben für den tertiären Bildungssektor von derzeit 1,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2020 auf zwei Prozent gesteigert werden sollen. Damit würde Österreich einer Empfehlung der EU-Kommission folgen, allerdings fehlen Broukal auch hier noch eindeutige Antworten.

Schließlich ist auch der Uni-Zugang ein ewiges Damoklesschwert. Hier will das Wissenschaftsministerium zwar nichts ändern - in einigen Jahren kann sich Hahn aber eine Beschränkung bei Master und Doktor vorstellen. Neben der mangelnden Erfahrung mit der Bologna-Struktur hat Hahn hier auch mit den diametral entgegen gesetzten Interessen von Rektoren und Studenten zu kämpfen. Während ersteren eine Studienplatzbewirtschaftung gar nicht schnell genug gehen kann, wehren sich letztere massiv gegen Beschränkungen - mit Unterstützung der SPÖ.

Es liegt nun an Hahn, die unterschiedlichen Positionen unter einen Hut zu bringen. Ob dies in einer Woche gelingen wird, erscheint mehr als fraglich. Wahrscheinlicher ist eine Zwischenlösung, bei der die heiklen Punkte ausgespart bleiben - spricht der Minister doch selbst nur ungern von "Novelle", sondern lieber von "Weiterentwicklung" des UG 2002.