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Baustelle Bankgeheimnis

Von Marina Delcheva

Politik

Datenschutzrat fordert Nachschärfungen bei Datenschutz.


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Wien. Kein Punkt der für 2016 geplanten Steuerreform spaltet das Parlament so sehr wie die Aufweichung des Bankgeheimnisses. Der Gesetzesentwurf dazu soll am 16. Juni dem Nationalrat vorgelegt werden. Am Dienstag hat sich auch der Österreichische Datenschutzrat mit dem Entwurf befasst. Fazit: In puncto Datenschutz und Recht auf Privatsphäre muss nachgeschärft werden. Eine entsprechende Stellungnahme soll schon am Mittwoch oder Donnerstag dem Finanzministerium übergeben werden.

Zur Erinnerung: Ab 2016 möchte die Bundesregierung ein zentrales Kontenregister einführen, in dem alle 23 Millionen heimischen Bankkonten gelistet sind - vom Girokonto bis zum Schließfach. Dort können dann die Finanzbehörden und die Staatsanwaltschaft einsehen, wer welche Konten bei welcher Bank hat und wer aller darauf zugreifen darf. Nicht ersichtlich ist allerdings der Kontoinhalt selbst.

Auch die Einsicht soll künftig erleichtert werden. Finanzbehörden sollen bei "begründetem Verdacht" Kontobesitzer zur Öffnung auffordern und selbst einsehen können, wenn sich diese weigern. Derzeit ist dafür noch ein richterlicher Beschluss notwendig. An diesem Punkt stoßen sich nun die Oppositionsparteien Neos, FPÖ und Team Stronach genauso wie Datenschützer.

Register top, Einsicht flop

"Ein solcher Eingriff muss im Interesse der Allgemeinheit stehen, und das tut er", sagt Johann Maier, Vorsitzender des Datenschutzrates im Bundeskanzleramt, zur "Wiener Zeitung". Das Problem sei allerdings, dass die Bedingungen, unter denen Einsicht in die Konten genommen wird, zu vage formuliert seien. Außerdem fehle im aktuellen Gesetzesentwurf des Finanzministeriums ein rechtlicher Schutz für Betroffene.

Bei der aktuellen Aufweichung des Bankgeheimnisses stehen sich zwei gewichtige gesellschaftliche Interessen gegenüber - die effektive Betrugsbekämpfung und das Recht jedes einzelnen Bürgers auf eine unversehrte Privatsphäre und den Schutz seiner persönlichen Daten. "Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin für die Aufweichung des Bankgeheimnisses, das ist ein wichtiges Instrument zur Betrugsbekämpfung. Wir brauchen aber entsprechende Kontrollen und diese sind im derzeitigen Entwurf nicht vorgesehen", sagt Maier.

Deshalb fordert der Datenschutzrat, dass im Gesetzestext genau ausformuliert wird, unter welchen Bedingungen Behörden die Konten einsehen dürfen und welche Rechtsschutzmöglichkeiten die Bürger bekommen, wenn sie mit dem Vorgehen nicht einverstanden sind. In Gesprächen habe das Finanzministerium bereits ein Vier-Augen-Prinzip zugesagt. Finanzminister Hans Jörg Schelling und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner können sich nun doch eine gerichtliche Kontrolle vorstellen. Maier fordert außerdem einen Rechtsschutzbeauftragten und einen jährlichen Bericht an das Parlament. Dort soll dokumentiert werden, wie viele Einsichten zu welchem Zweck stattgefunden haben und wie sie zur Aufklärung von Missbrauchsfällen beigetragen haben.

Keine Bedenken hat der Datenschutzrat hingegen beim zentralen Kontenregister. "Dadurch erhöht sich der Datenschutz sogar", erklärt Maier. Damit die Finanzstrafbeamten derzeit einsehen können, wie viele Konten die Firma XY bei welcher Bank hat, müssen sie bis zu sieben Stellen anrufen, brauchen einen gerichtlichen Beschluss und die Banken werden informiert. Damit erfährt ein sehr weiter Personenkreis von Verdachtsfällen, die sich ja nicht erhärten müssen. Künftig würde ein viel kleinerer Personenkreis - nämlich Straf- und Finanzbehörden - Zugriff auf das Register haben.

Grüne fordern Nachschärfungen

Damit der Gesetzesentwurf rund um den 7. Juli im Nationalrat angenommen wird, braucht die Regierung eine Zwei-Drittel-Mehrheit, also die Stimmen der Grünen. FPÖ, Neos und TS haben schon angekündigt, dass sie keinesfalls die Gesetzesänderung mittragen werden. Auch ÖVP-intern hagelt es Kritik an der Lockerung, etwa vom steirischen Landeshauptmann-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer. Und damit die Grünen mitziehen, wollen sie Nachschärfungen.

"Der Knackpunkt ist die gerichtliche Kontrolle", sagt Bruno Rossmann, Budgetsprecher der Grünen, zur "Wiener Zeitung". Er fordert etwa einen eigenen Senat beim Bundesfinanzgericht, der im Schnellverfahren Kontoöffnungen ermöglichen soll. Außerdem soll die normale Arbeitnehmerveranlagung aus dem Gesetzesentwurf ausgenommen werden. Rossmann äußert auch Bedenken, dass noch zu lasch formuliert ist, was genau ein begründeter Verdacht ist.

Sollte das Finanzministerium hier einlenken, werden die Grünen der Aufweichung auf jeden Fall zustimmen, so Rossmann. Im internationalen Vergleich ist Österreich mit der Gesetzesänderung übrigens eher ein Nachzügler. In Deutschland haben nicht nur Finanz- und Strafbehörden, sondern etwa der Jobservice Zugang zum Kontenregister. In Großbritannien müssen Finanzinstitute die Behörden regelmäßig über die Kontostände ihrer Kunden informieren. "Österreich ist auf der Liste der Steueroasen von Taxjustice auf Platz 18. Das hat sicherlich auch mit dem Bankgeheimnis zu tun", verteidigt Rossman die Lockerung.